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Meinung: BUNDESTAGSWAHLKAMPF Darf Polizei Wahlkampf machen?

Leserin Dagmar Czerwonski kritisiert, dass sich die Polizeigewerkschaft nicht um die Sicherheit der Bürger kümmert. Der GdP-Berlinchef Eberhard Schönberg antwortet.

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Betrifft: „Polizeigewerkschaft gibt der SPD den Laufpass" vom 20. August 2002

Offensichtlich sind der Gewerkschaft der Polizei alle Mittel recht, um schutzpolizeiliche Standesinteressen durchzusetzen. Wenn es nicht mit der SPD geht, dann eben mit der CDU. Es interessiert mich als Bürgerin dieser Stadt nicht, ob frustrierte Gewerkschafter aus ihren Parteien austreten.

Wichtiger für mich ist, wie Polizeibeamte, die der Verfassung und keiner politischen Partei oder Gewerkschaft verpflichtet sind, die Innere Sicherheit in der Hauptstadt gewährleisten. Wo sind denn die schutzpolizeilichen Konzepte für eine kiez- und bürgerorientierte Arbeit? Seit Jahren habe ich zum Beispiel keinen Kontaktbereichs- oder Streifenbeamten mehr in meinem Stadtteil gesehen.

Wenn stattdessen im so genannten „Berliner Modell“ die Bagatell- und Kleinkriminalität in den Amtsstuben verwaltet werden soll, um in den gehobenen Dienst aufsteigen zu können, ist das offensichtlich ein Irrweg, der dem Steuerzahler sehr viel Geld kostet. Es wäre effektiver und sinnvoller, wenn die uniformierten Beamten in ihrer eigentlichen Schutzaufgabe, das heißt in der Konfliktvermeidung, professionalisiert würden.

Dies zu fördern, zu stützen und gegenüber politischen Entscheidungsträgern durchzusetzen, wäre für mich als Bürgerin ein wichtiger Punkt der Arbeit einer Polizeigewerkschaft.

Dagmar Czerwonski, Berlin

Sehr geehrte Frau Czerwonski,

die GdP hat seit ihrem Bestehen noch nie schutzpolizeiliche Standesinteressen vertreten, sondern die ihrer Mitglieder (Arbeiter, Angestellte, Beamte) und die der Bürgerinnen und Bürger Berlins, denn innere Sicherheit ist ein Eckpfeiler unserer Demokratie, und Sicherheit und Ordnung ist ein Stück Lebensqualität im Kiez. Dabei haben wir auf der Grundlage unserer Satzung, in der festgelegt ist, dass wir parteipolitisch unabhängig aber nicht neutral sind, mit allen demokratischen Parteien zusammen gearbeitet. Mit der SPD in einem „Bündnis für Sicherheit".

Es muss Sie nicht interessieren, ob ein frustrierter Gewerkschafter aus einer Partei austritt, Sie wollen aber Konzepte für eine bürgerorientierte Arbeit der Polizei. Und genau an diesem Punkt sind unsere Interessen identisch. Frustrierte Gewerkschafter sind aus Parteien ausgetreten, weil Politiker nicht in der Lage sind, genau diese umzusetzen. Die Vorschläge der GdP für derartige Konzepte füllen ganze Leitz-Ordner. Der CDU/SPD-Senat hat seit 1993 6000 Beschäftigte in der Polizei wegrationalisiert. Deshalb sind Kontaktbereichs- und Streifenbeamte in Berlin „Mangelware".

Der SPD/PDS-Senat wird in den nächsten Jahren nochmals bis zu 3000 Polizisten „verschwinden" lassen. Und das alles bei steigender Kriminalität und hauptstadtbedingt wachsenden Aufgaben. Es käme der Quadratur des Kreises gleich, wenn es der Polizei gelänge, mit immer weniger Personal immer mehr Arbeit zu bewältigen.

Das Berliner Modell war ein guter Ansatz, um polizeiliche Arbeit effektiver und effizienter sowie gleichzeitig bürgernah zu gestalten. In der Anfangsphase wurde dafür auch eine ausreichende Zahl von Beamtinnen und Beamten qualifiziert. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Es geht dabei im Übrigen nicht um den Aufstieg in den gehobenen Dienst, sondern darum, dass jeder Arbeitnehmer, der qualifiziertere Arbeiten zu bewältigen hat, dafür auch besser bezahlt wird.

Die Polizei tut viel, um Polizisten im Hinblick auf Konfliktvermeidung zu schulen. Dem sind aber durch den Personalmangel Grenzen gesetzt. Es könnte mehr getan werden. Würden die Politiker die Konzepte der GdP umsetzen, wäre das Leben in der Stadt lebenswerter. Um diese Inhalte geht es der GdP im Wesentlichen.

Eberhard Schönberg

Landesbezirksvorsitzender der GdP

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