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Meinung: DER FALL GERSTER Wozu werden Berater gebraucht?

Unser Leser Herbert Rubisch hält externe Ratgeber für weitgehend überflüssig. Berger-Partner Jobst Fiedler widerspricht: Nur mit Schubkräften gibt es Umbauprozesse

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Betrifft: „Herr Gerster ist zur Stunde das, was er ist“ vom 22. Januar 2004

Zig Millionen Euro in weniger als zwei Jahren für Arbeitsbeschaffung in teuren Beraterfirmen? Offenbar haben bundesdeutsche Minister und Behördenchefs kein Vertrauen in die Kompetenzen ihrer Staatssekretäre, Regierungsdirektoren, Generäle und in die hoch dotierten Professoren ihrer Universitäten und Forschungseinrichtungen.

Anders lässt sich nicht erklären, dass seit der Amtsübernahme von Rot-Grün fast 48 Millionen Euro an Steuergeldern an Unternehmensberater und PR-Manager gezahlt wurden, damit diese die Probleme der Behörden aufdecken und Lösungen liefern.

Da wurden Verträge in Millionenhöhe an Personen und Unternehmen vergeben, über deren Kompetenzen und Preise in der Öffentlichkeit Zweifel laut wurden. Der Wirtschaftsminister will Geld für eine Studie über die Reflexion seiner Bundesagentur für Arbeit durch deren „Kunden“, die Arbeitslosen, bei einer Beraterfirma anlegen. Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme? Wenn der Behördenchef Gerster 40 Millionen Euro in einem Jahr für Berater ausgibt, dann darf gefragt werden: Welche Kompetenzen haben seine Agenturbediensteten?

Währenddessen zahlt der Verkehrsminister zig Millionen für die Begleitung des Mautprojektes an Beraterfirmen. Wie sich zeigt: umsonst. Denn die teuren Berater bemerkten den Flop erst, als er in den Medien publik wurde. Mit Steuergeldern lässt sich hierzulande risikolos wirtschaften.

Herbert Rubisch, Berlin-Marzahn

Sehr geehrter Herr Rubisch,

aus meiner Erfahrung als Berater und Chef großer Verwaltungen will ich Ihrer Kritik am Berater-Einsatz widersprechen.

Große Umbau-Prozesse in öffentlichen Verwaltungen gelingen nur, wenn neben der Führungskraft der Behördenchefs und zahlreichen internen Experten, die ohnehin gefordert sind, zusätzlich auch externe Management-Beratung eingesetzt wird.

Was in der Privatwirtschaft weithin praktiziert wird, ist in öffentlichen Verwaltungen erst recht notwendig. Sie sind keinem Wettbewerbsdruck ausgesetzt, interne Verkrustungen sind hoch, das öffentliche Dienst- und Haushaltsrecht ist noch immer starr. Hier ist grundlegender Umbau auf breiter Front notwendig (80 Milliarden Euro jährliches Staatsdefizit!). Er ist aber deutlich schwieriger durchzusetzen als in privaten Unternehmen.

Der oft gewählte Ausweg, alles beim Alten zu lassen, und nur nach „Rasenmäher-Methode“ zu sparen, reicht nicht und lähmt Verwaltungen. Gerade bei Bundeswehr und Bundesanstalt für Arbeit wurde deshalb mit Recht ein grundlegender Umbauprozess in Angriff genommen. Hier geht es unter anderem um Aufgabenkritik, Abbau von Doppelarbeit und Regelungsdichte, vor allem aber um kundenfreundliche Dienstleistungen, wirksames Controlling und Einsatz moderner IT. Dies alles kann nicht etwa hierarchisch, durch Erlass von oben angeordnet werden, wie Sie irrtümlich vermuten.

Es muss in einem methodisch sehr anspruchsvollen Prozess erarbeitet und umgesetzt werden. Hierfür ist die Verstärkung der internen Experten durch externe Berater-Teams mit betriebswirtschaftlicher und Management-Expertise unverzichtbar. Zumal wegen des langfristigen Juristen-Monopols dieser Sachverstand rar ist.

In der Bundesanstalt für Arbeit zum Beispiel arbeiten mehrere hundert interne Reform-Promotoren zusammen mit Berater-Teams. Das Ergebnis sind dann nicht etwa abgehobene Gutachten, wie sie auch Professoren formulieren könnten, sondern sehr pragmatische Lösungsansätze und Reformfahrpläne. Auch die Leitungsebene ist nicht etwa aus dem Spiel, denn größere Veränderungen haben gerade in Verwaltungen häufig mehr Gegner als Freunde, es sind also laufend Richtungs- und Konfliktentscheidungen zu treffen. Mit Recht hat deshalb ein erfahrener Staatssekretär geantwortet, als der Einsatz von Beratern kritisiert wurde: „Man kann ein Auto nicht von innen anschieben“.

Dr. Jobst Fiedler, Verantwortlicher Partner für den öffentlichen Sektor beim Beratungsunternehmen „Roland Berger“.

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