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Meinung: DIE LANDWIRTSCHAFTSPOLITIK DER UNION Zurück zum Auslaufmodell?

Unsere Leserin Simone Schulz wirft dem Agrarexperten in Stoibers Kompetenzteam Anbiederung an den Bauernverband vor. Peter Harry Carstensen antwortet.

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Betrifft: „Agrarwende rückwärts“ im Tagesspiegel vom 27. Juli 2002

Mir wird Angst und Bange, wenn ich lesen muss, dass der „Agrarexperte" Carstensen als Landwirtschaftsminister die eingeleitete Agrarwende wieder rückgängig machen will. Dass der CDU/CSU die Wohlgefälligkeit des Bauernverbandes schon immer wichtiger war, als die Sicherheit der Verbraucher oder deren Lebensmittel, war bereits in den sechzehn Jahren der Kohl-Regierung so. Umso erschreckender, dass Stoiber nichts dazu gelernt hat und in alte Strukturen zurückfällt. Wenn dies für Herrn Carstensen bedeutet, wieder zur alten Agrarpolitik zurückzukehren, die nachweislich versagt hat, und sich statt um die Verbraucher wieder nur um die Klientel Bauern kümmert, so sollte uns Verbraucher dies kräftig wachrütteln!

Frau Künast hat in ihrer Amtszeit mehr erreicht als alle Amtsinhaber vor ihr, weil sie nicht nur das Interesse der Bauern, sondern auch das der Verbraucher und der Tiere berücksichtigt hat. Während man sogar in Brüssel erkannt hat, dass eine Agrarwende von Nöten ist, die die Tiere, die Umwelt, die Verbraucher und die Bauern sowie deren Arbeit besser berücksichtigt, beschwört die CDU/CSU ein absolutes Auslaufmodell.

Die Ankündigung des designierten Landwirtschaftsministers zeigt jedenfalls eines: Die Zukunft mit einer Stoiber-Regierung heißt: Zurück in die Vergangenheit!

Simone Schulz, Berlin-Lichterfelde

Sehr geehrte Frau Schulz, jeder in Deutschland will Nahrungsmittel konsumieren, ohne dabei Angst um seine Gesundheit haben zu müssen. Der Schutz der Gesundheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern besitzt für mich absolute Priorität. Ich kann Ihnen versichern, dass es am Verbraucherschutz in Deutschland keine Abstriche geben wird. Im Gegenteil, wir werden die Schwächen im Lebensmittelbereich, die bei den vielen Skandalen unter Verantwortung von Ministerin Künast offenkundig geworden sind, unverzüglich beseitigen.

Bei allen modernen Unternehmen ist mittlerweile erkannt worden, wie wichtig die Motivation der Mitarbeiter für die Gesamtleistung des Unternehmens ist. Ich werfe Frau Künast vor, dass sie einen Teil ihrer „Belegschaft", nämlich die Bauern, demotiviert hat. Ihr Verbraucherschutzkonzept wurde oftmals so verstanden, als wenn der Verbraucher vor den Bauern zu schützen sei. Das System Nahrungsmittelproduktion ist aber nur dann zu optimieren, wenn die Bedeutung aller Beteiligten beachtet wird. Das gilt für den Bereich Lebensmittelsicherheit genauso wie für die Bereiche Natur- und Tierschutz. Ich kann daher nicht verstehen, warum die derzeitige Dialogbereitschaft so gering ist. Was wir brauchen, ist ein Miteinander von Landwirten und Verbrauchern.

Frau Künast hat die Agrarwende staatlich verordnet. Diese politische Beschränktheit verhinderte das organische Wachstum der gesamten Ökobranche. Der Nitrofenskandal hat gezeigt, wie utopisch mittlerweile das Bild einer ökologischen Landwirtschaft mit ausschließlich regional begrenzten Warenströmen ist. Der staatlich geförderte Ökoboom hat auch dazu geführt, dass die kleinen, nach streng ökologischen Gesichtspunkten wirtschaftenden Betriebe mittlerweile mit halbindustriellen „Ökofabriken" aus dem In- und Ausland im Wettbewerb stehen, den sie nur schwer bestehen können.

Ich freue mich, dass die Debatte über die Zukunft der Landwirtschaft immer lebendiger wird. Im Gegensatz zur derzeitigen Landwirtschaftsministerin möchte ich diesen Diskurs nicht diktieren, sondern ohne Vorbehalte zwischen allen Beteiligten vermittelnd wirken. Ihre Angst, ein Regierungswechsel würde einen Rückschritt in der Verbraucherschutz- und Agrarpolitik bedeuten, ist unbegründet. Das Gegenteil wird eintreten.

Peter Harry Carstensen (Mitglied im

Stoiber- Kompetenzteam)

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