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Meinung: Die Macht geht vom Volk aus

Zur Berichterstattung über den G-8-Gipfel Es ist sicher ein schwieriger Spagat, zwischen demonstrativ vorgetragener Meinungsfreiheit und gewollter Randale den richtigen Weg zu finden. Der G-8-Gipfel ist auch eine Herausforderung an unser demokratisches System.

Zur Berichterstattung über den G-8-Gipfel

Es ist sicher ein schwieriger Spagat, zwischen demonstrativ vorgetragener Meinungsfreiheit und gewollter Randale den richtigen Weg zu finden. Der G-8-Gipfel ist auch eine Herausforderung an unser demokratisches System. Dass die Wellen auf beiden Seiten des politischen Spektrums hochschlagen, ist verständlich. Diese Situation zu nutzen, um in Wirklichkeit freiheitlich denkende Menschen künftig mehr unter Kontrolle zu bekommen, ist ein Skandal. Es ist absurd, die Demokratie unter polizeistaatliche Kuratel zu stellen.

Peter Müller, Berlin-Kaulsdorf

Heiligendamm: Die Kulisse ist herausgeputzt, das Seebad wird für zehn Tage zum abgeriegelten Ghetto. Mehr als tausend Jahre nach Überwindung des Lehnswesens wollen sich die modernen Feudalherrscher ihrem Volk und ihren Vasallen weltweit mit anachronistischem Pomp präsentieren.

Wer nach dem tatsächlichen Sinn auch dieses G-8-Gipfels fragt, braucht nur in die Agenda zu schauen – es geht um: “Fragen von elementarer Bedeutung für stabile Rahmenbedingungen in den globalen Handels- und Finanzbeziehungen.”

Dazu soll über vieles geredet werden: über Afrika, über das Klima, über Hedgefonds, über Produktpiraterie, über den Abbau von Investitionshemmnissen und über sonst was: statt einer überzeugenden Agenda ein Themen-Sammelsurium, das schon in seiner Zusammenstellung Kopfschütteln hervorruft.

Heiligendamm steht unter dem Motto „Wachstum und Verantwortung“ – unbedacht ausgewählt, denn was als konstruktives Leitmotiv gemeint ist, kommt bei näherem Hinsehen einer Bankrotterklärung der Politik gleich: Pauschales Wachstum und verantwortliches Handeln schließen sich aus, wenn man die existentiellen Herausforderungen ernsthaft annehmen will. Die vor die Tore von Heiligendamm ausgesperrten Demonstranten wissen das. Sie wollen mehrheitlich keinen blinden Zoff machen, sondern stellvertretend für Millionen ihr Recht auf Zukunft und auf eine lebenswerte Welt laut herausschreien. Das ist keine Randale, das ist eine vorbildliche Initiative von Demokraten.

Hans-Wilhelm Precht,

Bliedersdorf

Um Inhalte ging es den Regierungsvertretern der G 8 nie; der Gipfel war und ist eine Demonstration ihrer Machtfülle. Im Gegensatz dazu hat die „Gegenseite“, z. B. Attac, klare Konzepte für soziale Gerechtigkeit, ökologische Rechte, globale Demokratie, solidarische Ökonomie. Diese werden von den Mächtigen in geradezu verabscheuungswürdiger Weise ignoriert.

Die Polizei möchte die berechtigten Proteste an dieser Machtdemonstration am liebsten verbieten; dabei ist diese Demonstration der G 8 – im Sinne von lateinisch „demonstrare“ = „zeigen“, nämlich das Zurschaustellen ihrer Machtfülle – eine Versammlung, welche die innere Sicherheit massiv gefährdet. So wäre ein Verbot dieser Demonstration das einzig Gebotene.

Die Macht geht vom Volk aus; das wird aber in geradezu arroganter Weise ignoriert, ausgesperrt und geradezu mit Füßen getreten!

Tim Karsten, Berlin-Moabit

„Herzlich willkommen!“ vom 26. Mai

Dem Autor sei gedankt für die Preisgabe seines Insiderwissens über die homogene Front der G-8-Gegner, die unabhängig von berechtigten Kritikpunkten die in Heiligendamm versammelte „Verschwörung des internationalen Kapitalismus“ selbst dann noch bekämpfen würde, wenn sie längst jeglicher Grundlage dafür verlustig ginge. Aber muss diese Gegenseite sich vielleicht nur deshalb ausschließlich im Symbolischen bewegen, weil ihr aufgrund der offensichtlichen Macht faktischer Polizeipräsenz einerseits sowie mangelnder Gestaltungsmacht in der politischen Arena andererseits gar nichts anderes übrig bleibt?

Verhärtete Fronten also auf beiden Seiten des millionenteuren Zauns. Vielleicht sollte sich der Autor die Frage stellen, warum die Versammlungsfreiheit eines so exklusiven Zirkels von „Weltenlenkern“ eines solch martialischen Schutzaufgebots bedarf. Vielleicht wird die Beschlusslage nicht ganz so beiläufig und folgenlos, wie der Kommentar vermuten lässt?

Wilhelm Bongartz, Berlin-Kreuzberg

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