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Meinung: Ein ganz normales Leben

„Menschen, die spurlos verschwinden“ von Harald Martenstein vom 12. Januar Unser Sohn kam vor vier Jahren mit dem Downsyndrom zur Welt.

„Menschen, die spurlos verschwinden“

von Harald Martenstein vom 12. Januar

Unser Sohn kam vor vier Jahren mit dem Downsyndrom zur Welt. Während der Schwangerschaft deutete nichts darauf hin, wir waren beide erst Anfang 30 und verzichteten deshalb auf eine weiterführende invasive Diagnostik. Somit wurden wir erst nach der Geburt mit der Diagnose konfrontiert. Dies war ganz klar ein Schock, passte doch ein behindertes Kind nicht in unsere Lebensplanung. Inzwischen wird Freddy von uns sowie von Freunden und Familie als ganz normales Kind betrachtet, wir vergessen häufig, dass er „anders“ ist als sein kleiner Bruder. Wäre die Diagnose während der Schwangerschaft gestellt worden, wäre Freddy nicht zur Welt gekommen. Wird sind froh, dass es anders gekommen ist.

Dr. med. Silke Süss,

Berlin-Lichterfelde

Dass wir von Menschen mit Downsyndrom und ihrem allmählichen Verschwinden auf der ersten Seite des Tagesspiegels lesen können, ist Ihnen zu verdanken. Dennoch halte ich die Kürze, in der hier viele Fragen angerissen, aber nicht ausführlich diskutiert werden, für irreführend und unbefriedigend. Zudem kann ich mich Ihrer Argumentation nicht anschließen, die die Entscheidung einzelner Eltern als den Kern des Problems identifiziert. Das eigentliche Problem liegt m.E. in der hierzulande unhinterfragt und routinemäßig angewandten pränatalen Diagnostik, durch die werdende Eltern von einem Augenblick zum nächsten vor eine Entscheidung gestellt werden, auf die sie in keiner Weise vorbereitet sind und die sie überfordert.

Gerade noch in Vorfreude auf ihr Kind, sollen sie nun über Tod oder Leben ihres werdenden Kindes bestimmen. Aber nicht nur das, ihnen wird zugemutet, ihr eigenes Leben vorauszusehen, ihre eigene Fähigkeit einzuschätzen, mit den Brüchen menschlichen Lebens – Krankheit, Schwäche, Bedürftigkeit – umzugehen. Denn so wird Behinderung im Allgemeinen dargestellt, als Last und Zumutung. Wie sie wirklich erlebt wird, von einem behinderten Kind selbst oder seiner Familie, steht auf einem anderen Blatt. Aber welche Eltern haben angesichts dieser negativen Darstellung den Mut, dennoch Ja zu ihrem werdenden Kind zu sagen?

Nadia Panknin, Berlin-Charlottenburg

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