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Meinung: Ist das Internet eine Gefahr für die Jugend?

Zur Berichterstattung über die virtuelle Welt „Second Life“ Eine Faszination, welche das Internetportal „Second Life“ bietet, ist die Möglichkeit, seine Persönlichkeit im virtuellen Raum nach Belieben zu ändern oder zu entwickeln; sich ein neues Leben aufzubauen, anonym in der Wirklichkeit zu verweilen und prominent in der Virtualität zu werden. Einen Anreiz, den auch andere Techniken des Internets bereits seit langer Zeit anbieten.

Zur Berichterstattung über die virtuelle Welt „Second Life“

Eine Faszination, welche das Internetportal „Second Life“ bietet, ist die Möglichkeit, seine Persönlichkeit im virtuellen Raum nach Belieben zu ändern oder zu entwickeln; sich ein neues Leben aufzubauen, anonym in der Wirklichkeit zu verweilen und prominent in der Virtualität zu werden. Einen Anreiz, den auch andere Techniken des Internets bereits seit langer Zeit anbieten. Positiv ausgedrückt, „Second Life“ und das Internet bieten eine interaktive sowie kreative Plattform für Rollenspiele. Hier nimmt der Mann die Identität einer Frau an, das Kind wird zum Erwachsenen und umgekehrt, der Schüchterne wird zum Rambo und so weiter. Die wahre Identität des Rollenspielers lässt sich in den wenigsten Fällen verbindlich überprüfen; auch nicht seine wahre Motivation.

Ich behaupte, es ist wie in der Realität. Während wir es in der Wirklichkeit aber gelernt haben, Identität und Motivation unserer Mitmenschen einigermaßen verbindlich abzuklären, mangelt es uns an einer entsprechenden Kompetenz für den virtuellen Raum. Genau hier lauert dann auch eine Gefahr. Lange habe ich über die Frage nachgedacht: „Was ist Realität und was ist Virtualität?“ Eine auf den ersten Blick vielleicht banale Frage, aber kann die Virtualität nicht auch die Realität ersetzen beziehungsweise findet hier nicht bereits seit geraumer Zeit ein Rollentausch unter spielerischem Vorzeichen statt?

Wie es sich inzwischen erwiesen hat, ist das frühe Erlernen des Umgangs mit dem Computer pädagogisch fraglich, wenn Kinder und Jugendliche neben einer technischen Kompetenz nicht gleichzeitig eine soziale Kompetenz miterlernen. Wegen der rasanten Verbreitung des Internets müssen wir heute überlegen, zusätzlich eine sogenannte virtuelle Kompetenz zu fördern, damit wir in Zukunft nicht nur die damit verbundenen Symptome bekämpfen müssen, anstatt die Ursachen zu heilen. Da sollten wir Erwachsenen ruhig auch noch einmal die Schulbank drücken.

Arno Geurts, Berlin-Lichterfelde

Sehr geehrter Herr Geurts,

die Nutzung neuester Technologien und des Internets bereits im Kindes- und frühen Jugendalter ist heutzutage Normalität und gehört für viele Familien zum Lebensalltag. Der JIM-Studie 2006 – Jugend, Information, (Multi-)Media – ist zu entnehmen, dass 77 Prozent der zwölf- bis 19-Jährigen täglich oder mehrmals pro Woche das Internet nutzen. Dagegen ist die Internetnutzung noch kein fester Bestandteil im Alltag von Kindern, sie gewinnt jedoch mit zunehmendem Alter immer mehr an Bedeutung.

Angesichts der Debatte um strafbare Handlungen in der virtuellen Welt „Second Life“ wird derzeit sehr viel über die Risiken des Internets für Kinder und Jugendliche gesprochen. Leider kommen in dieser Diskussion oft die Chancen und Möglichkeiten, die das Medium bietet, zu kurz. Deshalb freut es mich sehr, dass Sie zunächst die Chancen der neuen Technologie sehen. Und ich teile dort Ihre Meinung. Mithilfe moderner Kommunikationsmittel ist es möglich, sich mit anderen auszutauschen, auch wenn der Gesprächspartner aktuell auf der anderen Seite der Welt weilt. Die Möglichkeit, sehr spezielle Informationen zu finden und politische Botschaften kritisch zu überprüfen, ist erst durch das Internet der breiten Bevölkerung zugänglich. Das Medium leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Demokratisierung der Welt.

Jedoch ist nicht zu verkennen, dass neben all diesen Errungenschaften, die das Internet gebracht hat, auch Schattenseiten zu verzeichnen sind. Diese können sich insbesondere auf Kinder und Jugendliche negativ auswirken. Ein großes Problem ist, dass Heranwachsende Inhalten ausgesetzt sein können, die sie in ihrer persönlichen Entwicklung negativ beeinflussen oder gar schädigen können. Viele Jugendliche setzen sich nicht aktiv mit den Gefahren des Internets auseinander und beachten notwendige Verhaltensregeln, beispielsweise im Umgang mit persönlichen Daten, nicht. Sie werden in dieser Hinsicht häufig nicht ausreichend von ihren Eltern sensibilisiert. Es ist jedoch wichtig, dass Minderjährige frühzeitig nicht nur die Technik bedienen können, sondern auch einen sensiblen Umgang mit dem Internet erlernen, um eigenständig und sicher mit dem Medium umzugehen. Damit, dieser Aufgabe gerecht zu werden, fühlen sich Eltern oft überfordert, weshalb Schulen und außerschulische Bildungseinrichtungen eine wichtige Rolle haben, Minderjährigen dieses Handwerkszeug beizubringen. Denn das World Wide Web ist in zunehmendem Maße und für immer jüngere Zielgruppen eine wichtige Informationsquelle, Plattform zum Austausch und Freizeitbeschäftigung. Dabei sollte sich Aufklärung aber nicht nur an Kinder und Jugendliche richten. Ich gebe Ihnen völlig recht, dass auch Erwachsene über neueste Entwicklungen im Bereich Neue Medien informiert werden müssen. Viele Erziehungsberechtigte, aber auch Lehrerinnen und Lehrer, sind schon heute überfordert und nur unzureichend mit aktuellen Entwicklungen vertraut. Jedoch ist gerade diese Vertrautheit wichtig, damit Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen den Heranwachsenden auch die sozialen Aspekte der Mediennutzung vermitteln können. Insofern kann ich Ihre Anregung, dass auch Erwachsene in dieser Hinsicht noch mal die Schulbank drücken sollten, nur ausdrücklich unterstützen.

Mit freundlichen Grüßen

— Sabine Frank, Geschäftsführerin Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.

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