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Meinung: Ist die geplante Ehrenrente für Opfer von SED-Unrecht ausreichend?

Zur Berichterstattung über geplante Ehrenrenten für Opfer von SED-Unrecht Es ist dem Tagesspiegel hoch anzurechnen, dass er da, wo der Gesetzgeber sich im Augenblick mit viel mehr spektakulären Gesetzesvorhaben befasst, die Aufmerksamkeit auf ein Vorhaben lenkt, das Menschen betrifft, die keiner Institution, Partei oder Vereinigung angehören. Fast unbemerkt ist der Deutsche Bundestag dabei, ein Gesetz zu beschließen, das den Opfern des SED-Regimes eine Ehrenrente zusichern soll.

Zur Berichterstattung über geplante Ehrenrenten für Opfer von SED-Unrecht

Es ist dem Tagesspiegel hoch anzurechnen, dass er da, wo der Gesetzgeber sich im Augenblick mit viel mehr spektakulären Gesetzesvorhaben befasst, die Aufmerksamkeit auf ein Vorhaben lenkt, das Menschen betrifft, die keiner Institution, Partei oder Vereinigung angehören.

Fast unbemerkt ist der Deutsche Bundestag dabei, ein Gesetz zu beschließen, das den Opfern des SED-Regimes eine Ehrenrente zusichern soll. Dieses Gesetz sollte schon im vergangenen Jahr noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Diese gute Absicht ist inzwischen aber zu einer Farce geworden.

Denn für das, was die Koalitionsfraktionen SPD und Union jetzt vorschlagen, wird es keine Empfänger mehr geben. Eine magere Rente von 250 Euro soll unter zwei Bedingungen gewährt werden: Eine Haftzeit von mindestens 6 Monaten und eine wirtschaftliche Bedürftigkeit muss vorliegen. Ich wage die Behauptung, dass unter den Betroffenen, die bisher einer geregelten Arbeit nachgehen konnten, keiner zu finden ist, der mit seinem monatlichen Einkommen unter 1035 Euro liegt. Es ist gerade ein Hohn, dass die ehemaligen Peiniger dieser Betroffenen ihre DDR-Zusatzversorgung anstandslos vom Bundesversorgungsamt erhalten.

Das Problem ist, dass die Betroffenen sich kaum zu Gehör bringen können. Sie sind politisch gesehen kraftlos. Insofern wäre diese jetzige Gesetzesvorlage nur eine Geste, die den Staat nichts kostet.

Wenn das Gesetz wirklich Sinn machen soll, dann muss der Bundestag die Bedürftigkeitsgrenze auf den Prüfstand setzen.

Peter Berens, Berlin-Spandau

Sehr geehrter Herr Berens,

in der seit 1990 ungeklärten Frage einer angemessenen Opferpension hat sich keine politische Partei ein Ruhmesblatt verdienen können. Leider hat es auch die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder, trotz wesentlicher Verbesserungen im Detail, nicht vermocht, die schon unter Helmut Kohl grundlegend falsch begonnene Behandlung der Opfer zu ändern.

Wer in der DDR Widerstand leistete oder auch ungewollt verfolgt wurde, erhält bis heute allenfalls unter dem Gesichtspunkt der sozialen Bedürftigkeit einen geringen finanziellen Ausgleich. Diesen Geburtsfehler setzt auch die geplante Ehrenpension fort.

Deshalb muss ich Ihrer Kritik zustimmen. Die Bedürftigkeitsprüfung für die geplante Opferpension gehört selber insgesamt auf den Prüfstand. Das ist aber nicht der einzige Makel des von der Großen Koalition vorgelegten Eckpunktepapiers. Ein echter Gesetzesentwurf liegt bislang noch gar nicht vor.

Seinen Namen als Opfer- oder Ehrenpension verdient sich das Gesetz erst dann, wenn es all denjenigen Bürgerinnen und Bürgern zu Gute kommt, deren fundamentale Menschenrechte von Staat und Partei schwerwiegend verletzt wurden. Das sind politische Häftlinge unabhängig von der Haftdauer, aber auch Schüler, die aus politischen Gründen die Schule beenden mussten und ganz besonders Opfer von Zersetzungsmaßnahmen der Stasi.

Widerstand gegen ein Unrechtsregime muss als Ganzes von der Bundesrepublik Deutschland gewürdigt werden. Die Renten, die z.B. im Land Berlin für politisch und rassisch Verfolgte des Nationalsozialismus gezahlt werden, sind dafür ein gutes Vorbild. Sie gleichen Einkommenseinbußen aus und sind gleichzeitig eine würdige Anerkennung für das erlittene Unrecht.

Es geht auch um verletztes Vertrauen. Der nicht nur von Ihnen, sondern von vielen Bürgerinnen und Bürgern bemängelte Kompromiss der Großen Koalition bleibt weit hinter früheren Vorstößen der CDU/CSU zurück.

Die Hoffnung, die viele Verfolgte und Opfer in eine angemessene Würdigung ihrer Leistung auf- grund zweier Gesetzesanträge der Union aus den Jahren 2000 und 2003 haben mussten, wird nun mit der vorgeschlagenen Höhe der Pension von 250 statt 500 Euro bitter enttäuscht.

Solange die Täter eine sichere Rente erhalten, die Opfer aber nur Gedenkworte, haben wir eine schwärende Gerechtigkeitswunde.

Eine Ehrenpension für alle Opfer, die diesen Namen auch verdient, muss endlich kommen.

Mit herzlichen Grüßen

— Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Grüne) ist Mitglied des Innen- sowie des Rechtsausschusses im Bundestag.

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