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Meinung: Ist ein Steuersystem ohne Subventionen möglich?

„Volle Kanne / Der Staat spendiert Wirtschaft und Verbrauchern Milliarden. Doch welche Zuwendung ist wirklich nötig?

„Volle Kanne / Der Staat spendiert Wirtschaft und Verbrauchern Milliarden. Doch welche Zuwendung ist wirklich nötig? Die Lobbyisten bringen sich in Stellung“ von Carsten Brönstrup vom 10. Januar

Für diesen Beitrag bin ich Ihnen dankbar, weil er deutlich macht, für wie blöd uns die politische Klasse halten könnte. Der Staat kassiert das Geld der Bürger ein in Form von Steuern, Abgaben und Gebühren, um dann die Einnahmen den am stärksten brüllenden Wirtschaftsverbänden in Form von Subventionen wieder zurückzuzahlen. Diese Logik kann niemandem plausibel erklärt werden. Stellen wir uns doch einmal für einige Minuten vor, die gegenwärtig regierende Bundesregierung schafft es, ein gerechtes Steuersystem zu schaffen, welches auch den sozialstaatlichen Ansprüchen ausreichend Raum schafft, um den wirklich Schwächsten unserer Gesellschaft wirksam helfen zu können. Was wäre die Folge? Die hochbezahlten Wirtschaftslobbyisten und Agenturen verlören ihre Auftraggeber. Man bräuchte schlichtweg keine Lobbyisten mehr. Daraus folgt, dass die Wirtschaftslobbyisten in Wirklichkeit gar nicht an einem gerechten Steuersystem interessiert sein können. Denen geht es in erster Linie nur darum, möglichst viel „Staatsknete“ für ihre eigenen Unternehmen bzw. Auftraggeber zu erzielen. Ein gerechtes Steuersystem würde nämlich bedeuten, dass keine Wirtschaftssubventionen mehr notwendig wären. Der Staat ist nicht dazu da, den Wirtschaftsbetrieben das Geld der Schwächsten in Form von Subventionen zuzuschießen, sondern die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft einzuhalten.

Alexander Marx, Berlin-Lichtenrade

Sehr geehrter Herr Marx,

ein einfacheres Steuerrecht ohne jegliche Subventionstatbestände – wer würde sich das nicht wünschen?

Die Argumente gegen Steuersubventionen sind schnell angeführt. Die für Subventionen eingesetzten Mittel stehen für andere Verwendungen nicht mehr zur Verfügung wie z. B. für eine zusätzliche private Nachfrage bei entsprechend niedrigeren Steuersätzen. Es drohen Mitnahmeeffekte, Wettbewerbsverzerrungen oder eine sich ausprägende Subventionsmentalität.

All diese Argumente wären denn auch durchgreifend, wenn wir ein Steuerrecht hätten, das seine Tauglichkeit nur unter Laborbedingungen beweisen müsste. Diese Bedingungen haben wir aber nicht. Das deutsche Steuerrecht muss sich zum Erhalt von Arbeitsplätzen im internationalen Standortwettbewerb um Investitionen behaupten. Es muss den sozialen Ausgleich sicherstellen. Und es muss – und dies halte ich für besonders wichtig – von den Steuerzahlern auch als gerecht akzeptiert werden.

Aus diesem Grund meine ich schon, dass wir ganz genau hinschauen müssen, welche steuerlichen Subventionen wir abbauen sollten und welche nicht. Dies ist ein schwieriger Prozess, den wir aber bereits in den letzten Jahren konsequent vorangetrieben haben. Beispielhaft seien in diesem Zusammenhang etwa die Abschaffung der Eigenheimzulage oder die Einschränkungen bei der Begünstigung von Biokraft- und Bioheizstoffen genannt. Gleichzeitig haben wir für alle Steuerzahler die Einkommensteuer durch eine stufenweise Tarifentlastung ab 2009 und 2010 spürbar abgesenkt.

Schaut man sich die noch verbleibenden größten Steuersubventionen an, so muss man allerdings feststellen, dass hier ein konsequenter Abbau zu sehr schmerzhaften Einschnitten führen würde, die seitens der Steuerzahler wohl kaum akzeptiert werden würden, wie etwa eine Streichung des Sparerfreibetrags, der Riester-Förderung oder der Steuerfreiheit von Zuschlägen für die Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit. Diese Beispiele zeigen, dass es auch Steuersubventionen gibt, die allgemein akzeptiert und als gerecht empfunden werden. Wer hier nur um des Subventionsabbaus willen den Rotstift ansetzt, wird scheitern.

Aber auch bei den von Ihnen konkret angesprochenen sogenannten Wirtschaftssubventionen wie etwa die stromsteuerliche Entlastung von energieintensiven Unternehmen ist zu sehen, dass hier eine Streichung nur um des Subventionsabbaus willen den Standort Deutschland schwächen und damit auch Arbeitsplätze gefährden würde. Gerade in Anbetracht der aktuellen Krise wäre dies das falsche Signal. Wir müssen das Wachstum stärken und nicht schwächen. Nur so wird es uns gelingen, Arbeitsplätze zu sichern und stärker aus der Krise hervorzugehen, als wir hineingeraten sind.

Was ist also zu tun? Zuerst sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass ein Steuerrecht ohne jeglichen Subventionstatbestand am Ende den Praxistest wohl nicht bestehen würde. Ebenso muss aber auch klar sein, dass jede Steuersubvention per se immer auf dem Prüfstand steht und auch ggf. deren Abbau entschlossen angegangen werden muss, wenn dies im Ergebnis sinnvoll ist und nicht nur einem Selbstzweck dient. Dafür wird sich die Union auch in Zukunft einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

—Leo Dautzenberg (CDU), MdB, finanzpolitischer Sprecher der Unionsbundestagsfraktion

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