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Meinung: Ist es noch sinnvoll für die Unternehmen, Leistungssport zu sponsern?

Zur Berichterstattung über Doping Die Tour zeigt eins: Ohne Doping geht im Spitzensport offensichtlich gar nichts. Einige der Favoriten wurden erwischt bzw.

Zur Berichterstattung über Doping

Die Tour zeigt eins: Ohne Doping geht im Spitzensport offensichtlich gar nichts. Einige der Favoriten wurden erwischt bzw. wegen begründeten Dopingverdachts aus dem Rennen genommen. Und der Toursieger Contador ist wahrscheinlich auch nicht sauber. Erschreckend ist dabei vor allem, dass die, die offensichtlich schon seit Jahren ihre Leistungen mit verbotenen Mitteln steigern, vor nichts zurückschrecken, dass nichts abschreckend wirkt. Verheerend werden nun die Folgen für den gesamten Profiradsport sein: Viele Sponsoren, die sich teils über Jahre engagiert haben, ziehen sich nun zurück. Das schlimme für die (wenigen?) ehrlichen Spitzenathleten ist, dass man diesen Unternehmen ihren Rückzug nicht einmal verdenken kann. Sponsoren erwarten für ihr Engagement einen gewissen Gegenwert. Sie wollen ihren Namen/den Namen ihres Produkts etablieren und ein positives Image gewinnen. Das gilt für alle Sportarten.

Der Tagesspiegel hat es in seinem Leitartikel sehr schön beschrieben: Die Profis, die Leistungssportler, sind die Gladiatoren der Neuzeit, das Volk jubelt ihnen zu. Auch bei den Olympischen Spielen in Peking wird es wieder so sein. Und dort wird es auch die nächsten Negativschlagzeilen geben, denn Leistungssport ist vor allem eines: ein Riesengeschäft für alle Beteiligten. Das Ganze funktioniert aber nur, solange die Helden auch Helden bleiben und nicht als Betrüger entlarvt werden. Jetzt, wo die Kontrollen im Sport immer besser greifen, wird sich wohl bald zeigen, dass Doping nicht nur im Radsport sondern in den meisten Sportarten längst flächendeckend sein Zuhause gefunden hat. Dann werden sich noch mehr Unternehmen fragen, ob es sinnvoll ist, weiter Sportsponsoring zu betreiben. Den Zuschauer interessieren Betrüger eher nicht, das hat Sat 1 bei den Einschaltquoten zur Tour de France erfahren müssen. Und ohne Zuschauer kein Mehrwert für die Sponsoren, so einfach ist das!

Hartmut Jensen, Berlin-Schöneberg

Sehr geehrter Herr Jensen,

ich verstehe Ihren Dopingfrust nur zu gut. Doping ist Betrug und keiner lässt sich gerne betrügen. Er richtet sich aber nicht nur gegen die Zuschauer, sondern auch gegen die sportlichen Wettbewerber. Deshalb schießen Sie in einem Punkt über das Ziel hinaus: Es gibt keine Beweise – und nicht einmal einen Anfangsverdacht –, dass fast jeder Sportler in jeder Sportart zuerst in die Apotheke rennt, um anschließend im Wettkampf noch mehr aus sich heraus zu holen. Bedenken Sie bitte: Jeder Generalverdacht schützt die Betrüger, weil sie mit den Ehrlichen in einen Topf geworfen werden. Das darf natürlich nicht passieren. Leistungssportler, die ihr Talent mit ständiger Übung und nicht mit Tabletten auf die Spitze treiben, haben unseren Respekt verdient.

Die Biografie dieser jungen Menschen ist beeindruckend. Ihr Weg führt über Fleiß, Talent und Kampf zum Ziel. Ist uns das eigentlich immer bewusst? Manchmal denke ich mir, wir wissen viel zu wenig vom Leben dieser Sportler, die sich tagtäglich für Olympia und andere Wettkämpfe zerreißen. Denn Olympia ist ja mehr als Leichtathletik, Schwimmen oder Radfahren. Olympia ist auch, und vor allem, Fechten, Ringen oder Turnen. Diese Wirklichkeit hat mehr mit Schweiß als mit aufputschenden Cocktails zu tun.

Klar ist jedoch: Wer betrügt, hat schon verloren. Adidas beendet die Zusammenarbeit mit einem Sportler fristlos, wenn er sich auf verbotene Pillen und Spritzen einlässt. Aber das sind Ausnahmen. Für uns ist der Sport keine Dopingmafia, sondern noch immer ein kultiviertes Leistungsmessen. Deshalb setzen wir unser Sponsoring selbstverständlich auf hohem Niveau fort. Wir erwarten aber gleichzeitig von den Verbänden, dass sie wirkungsvoll gegen Doping im Sport vorgehen. Würden wir uns wegen einiger schwarzer Schafe gänzlich zurückziehen, wäre dies nicht nur unangemessen – die Folgen wären auch für den Sport und für die Gesellschaft grundlegend negativ, weil die sportliche Elite dort, wo sie sich mit sauberen Mitteln präsentiert, dem Breitensport seine Orientierung gibt. Die Elite inspiriert die Menschen, sich generell mit Sport auseinanderzusetzen, Sportarten zu wechseln oder zum Sport zu finden. Es gibt viele gute Gründe für den Sport. Sie heißen Spaß, Gesundheit oder Erlebnis. Aber die Motivation für das Sporttreiben lässt sich in vielen Fällen auf ein Ereignis zuspitzen: auf den sportlichen Wettkampf der Spitzenathleten. Insofern „erziehen“ uns die Leistungssportler im gewissen Maße für den Breitensport.

Diese positiven Zusammenhänge sollten wir in die – zum Teil – hysterisch geführte Dopingdebatte einbringen. Ich habe nichts gegen eine knallharte Debatte. Ganz im Gegenteil: sie muss gerade jetzt geführt werden, aber bitte mit Maß und Ziel. Ich erwarte mit Spannung die Olympischen Spiele im nächsten Jahr in Peking, weil sie wie keine andere Veranstaltung die Chance für alle Beteiligten bieten, diese offene und konstruktive Auseinandersetzung mit dem Thema zu führen. Ich freue mich aber noch viel mehr auf die Begeisterung, auf die Wettkämpfe und die vielen Begegnungen mit jungen Athleten aus aller Welt. Diese Kraft des Sports ist allemal stärker als Doping.

Mit freundlichen Grüßen

— Herbert Hainer,

Vorstandsvorsitzender der Adidas AG

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