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Meinung: Ist Gesundheit künftig noch für alle bezahlbar?

„Tödlicher Irrweg durch das Klinik-Labyrinth“ vom 16. Juni 2006 Der Fall des Patienten, der, nachdem er sich im Vivantes-Klinikum Neukölln verirrt hatte, verstarb, zeigt eines deutlich auf: Die Kliniken sind bei der Pflege und den Versorgungsmöglichkeiten längst an ihre Grenzen gestoßen.

„Tödlicher Irrweg durch das Klinik-Labyrinth“

vom 16. Juni 2006

Der Fall des Patienten, der, nachdem er sich im Vivantes-Klinikum Neukölln verirrt hatte, verstarb, zeigt eines deutlich auf: Die Kliniken sind bei der Pflege und den Versorgungsmöglichkeiten längst an ihre Grenzen gestoßen. Und nach den Tarifabschlüssen für die Ärzte, die weitere Kostensteigerungen im Klinikbereich bedeuten, gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder man senkt die Kosten, und das geht letztlich nur auf Kosten des ohnehin schon überlasteten Pflegepersonals, also der Krankenschwestern und -pfleger. Oder die Politik sorgt für höhere Einnahmen der Kliniken. Das würde bedeuten, dass in jedem Fall auf die Patienten höhere Kosten zukommen, sei es durch eine Erhöhung der Zuzahlungen bei einem Krankenhausaufenthalt, die zurzeit zehn Euro pro Tag, begrenzt auf maximal 28 Krankenhaustage pro Kalenderjahr, betragen. Die Alternative wäre eine Erhöhung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, beziehungsweise eine weitere Einschränkung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherungen. Hier würde sich für Patienten eine Ausgliederung des Krankengeldes aus der Krankenkasse besonders drastisch auswirken, wie sie schon 2003 von Teilen der CDU gefordert wurde und heute wieder diskutiert wird. Gerade Menschen mit langwierigen oder chronischen Krankheiten sind ja ohnehin schon gebeutelt. Wenn man das Krankengeld künftig privat versichern muss, hätte das letztlich vor allem für chronisch Kranke verheerende Folgen: Welche Versicherung versichert schon solche Risiken? Die Antwort ist uns allen klar.

Fazit: Die Schere zwischen Arm und Reich klafft künftig auch im Gesundheitsbereich noch weiter auseinander. Also, nur nicht krank werden!

Wolfgang Lindner, Berlin-Wilmersdorf

Sehr geehrter Herr Lindner,

wir haben immer noch ein gutes Gesundheitswesen. Wer sich mit denen unterhält, die längere Zeit im Ausland gelebt haben, erhält oft die Auskunft: Ihr wisst gar nicht, wie gut ihr es hier in Deutschland mit der Gesundheitsversorgung habt. Das tröstet den nicht, der bei uns eine schlechte Erfahrung gemacht hat. Auch das gibt es selbstverständlich. Und wo unter hohem zeitlichen Druck und mit enormer Verantwortung gearbeitet wird, da passieren auch Fehler. Das ist leider so. Worum es jetzt geht, lässt sich so beschreiben: Wie können wir es in Zukunft ermöglichen, dass alle Menschen in Deutschland am medizinischen Fortschritt teilhaben können? Diese Aufgabe müssen wir lösen. Die solidarische Krankenversicherung ist und bleibt dabei das Leitbild.

Künftig darf niemand mehr ohne Versicherungsschutz dastehen. Niemand darf sich schutzlos fühlen. Unser Gesundheitswesen muss für die Versicherten und die Patienten durchschaubar werden. Jeder muss sich an der Finanzierung nach seiner Leistungsfähigkeit beteiligen. Wir müssen eben füreinander einstehen. Das gute Gesundheitswesen geht doch alle an: Versicherte, Patienten, Kassen, Ärzte, Pharmabetriebe. Für den Gemeinschaftsgedanken in der Gesundheitspolitik werbe ich. Der ist mir sehr wichtig. Dafür bitte ich auch um Unterstützung.

Zusammengefasst geht es um Folgendes: Zentral ist eine gute Versorgung der Versicherten – wo immer man versichert sein mag. Es muss mehr Wettbewerb geben, damit sich die Krankenkassen der Zukunft noch mehr um eine wirklich gute Versorgung ihrer Versicherten kümmern.

Ebenso wichtig ist, dass in Deutschland bald niemand mehr ohne den Schutz einer Krankenversicherung dasteht. Es gibt heute mehrere hunderttausend Betroffene, die ihren Krankenversicherungsschutz verloren haben. Diesen Menschen wollen wir die Rückkehr in ihre jeweilige Krankenversicherung ermöglichen.

Eine Finanzierungsreform der Krankenversicherung würde schnell verpuffen, wenn sie nicht mit weiteren Strukturreformen im Gesundheitswesen verknüpft wird. Dazu haben wir bereits mit der letzten Gesundheitsreform entscheidende Weichen gestellt hin zu mehr Qualität, Wirtschaftlichkeit und Transparenz. Auf diesen erfolgreichen Strukturveränderungen werden wir aufbauen und auf der Grundlage des Koalitionsvertrags eine Reihe von Neuerungen auf den Weg bringen, die sich unter dem gemeinsamen Nenner „Mehr Wettbewerb“ zusammenfassen lassen.

Schließlich kommt es darauf an, unser Gesundheitssystem so umzuorganisieren, dass der Prävention mindestens so viel Bedeutung zugemessen wird wie der Behandlung von Krankheiten, der Rehabilitation und der Pflege.

Mit freundlichen Grüßen

— Ulla Schmidt (SPD),

Bundesministerin für Gesundheit

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