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Meinung: Macht die S-Bahn sich in Berlin selbst überflüssig?

„Die S-Bahn auf dem Weg zum Dauerstreik" vom 9. Juli Die Berliner S-Bahn ist ein schönes Beispiel, wie ein gesundes (die Tochter bescherte der Mutter Deutsche Bahn AG bislang hübsche Gewinnbeiträge) Unternehmen mit motivierten Mitarbeitern Probleme bekommt, wenn man Wirtschaftlichkeit ausschließlich über Kostensenkungen erreichen will.

„Die S-Bahn auf dem Weg zum Dauerstreik"

vom 9. Juli

Die Berliner S-Bahn ist ein schönes Beispiel, wie ein gesundes (die Tochter bescherte der Mutter Deutsche Bahn AG bislang hübsche Gewinnbeiträge) Unternehmen mit motivierten Mitarbeitern Probleme bekommt, wenn man Wirtschaftlichkeit ausschließlich über Kostensenkungen erreichen will. Denn eins ist klar: Dreckige, kurze Züge und Einschränkungen des Angebots führen dazu, dass sich die Fahrgäste Alternativen suchen. Vermutlich wird dies in den meisten Fällen das Auto sein; angesichts der aktuellen Klimadiskussion ein fatales Signal, dass aus der Hauptstadt in die Welt gesandt wird.

Und das Land Berlin kann nur ohnmächtig zusehen. Schließlich hat es einen langjährigen Vertrag geschlossen, so dass Mitbewerber der Bahn erst mal nicht zum Zuge kommen. Dass diese es oft besser können, nun, das kann man in vielen Regionen in der "Provinz" feststellen.

Das Konkurrenz das Geschäft belebt, hat Hamburg vorgemacht. Hier war die S-Bahn auch auf den Hund gekommen, so dass die Fahrgäste in den Mitbewerber U-Bahn und Bus umgestiegen sind. Als die Bahn nachzog, das Angebot ausweitete und modernisierte, kamen auch wieder die Fahrgäste. Leider wird in Berlin die BVG sicher kein wirklicher Mitbewerber der S-Bahn werden.

Im Ergebnis sind die Fahrgäste die Dummen. Vergessen wird hierbei, dass Berlin einen großen Standortvorteil, nämlich einen guten Nahverkehr, verspielt. Wer dann regelmäßig lange Fahrzeiten im Alltag braucht oder ewig auf die volle und verdreckte Bahn gewartet hat, wird sich irgendwann überlegen, ob nicht andere Städte mehr Lebensqualität bieten."

Sören Jacobsen, Berlin-Moabit

Sehr geehrter Herr Jacobsen,

ich freue mich, dass Sie die S-Bahn Berlin als ein erfolgreiches Unternehmen kennengelernt haben – und in der Tat sind wir stolz auf die Leistung unserer Mitarbeiter, die hierzu beigetragen haben. Seit ihrer Gründung im Jahr 1995 konnte die S-Bahn Berlin die Fahrgastzahlen um 53 Prozent steigern und zugleich erreicht sie heute die höchsten Kundenzufriedenheit seit Beginn der Messungen. 86 Prozent der Fahrgäste sind zufrieden bis sehr zufrieden mit der Gesamtleistung des Unternehmens. Würden wir nicht für ausreichende Kundenzufriedenheit und Pünktlichkeit sorgen, wäre die S-Bahn Berlin übrigens zu Strafzahlungen an den Senat verpflichtet. So regelt es der Verkehrsvertrag. Ich will hier nicht verschweigen, dass uns Graffiti und Vandalismus zunehmend zu schaffen machen und das Bild negativ beeinflussen. Das ist nicht nur bei der S-Bahn so, und die Kosten dafür sind hoch: Allein für außerplanmäßige Graffitibeseitigung und Reparaturarbeiten geben wir jährlich über fünf Millionen Euro aus.

Ihr Argument, die Tochter habe der Mutter hübsche Gewinne beschert, stimmt so nicht, denn möglich wurde die Erfolgsgeschichte der S-Bahn Berlin nur durch hohe Investitionen des Mutterkonzerns. So wurden, um nur ein Beispiel zu nennen, insgesamt 1,2 Milliarden Euro in eintausend neue S-Bahn-Wagen investiert. Für die Zukunftsfähigkeit der S-Bahn wurde also seitens der Deutschen Bahn viel getan – dies auch und vor allem angesichts einer sich verändernden Wettbewerbssituation. Denn auch der Senat ist aus Verantwortung dem Steuerzahler gegenüber zu Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Zwar gibt ein langfristiger Verkehrsvertrag mit den Ländern Berlin und Brandenburg der S-Bahn Berlin GmbH Planungssicherheit bis 2017. Bis 2013 kann der Aufgabenträger die Nord-Süd-Verkehre, die circa 30 Prozent des heutigen S-Bahn-Angebots ausmachen, ausschreiben. Bis 2018 sind alle Verkehre ausgeschrieben. Aus Verantwortung für die S-Bahn Berlin und die Arbeitsplätze unserer Mitarbeiter müssen wir das Unternehmen also fit für den Wettbewerb machen und die Prozesse im Unternehmen so kostengünstig wie möglich gestalten. Die Tarife des Bahn-Konzerns, die im Januar dieses Jahres auch für die S-Bahn-Mitarbeiter eingeführt wurden, sorgen dabei dafür, dass dieser Prozess sozialverträglich abläuft. Jeder Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz bei der S-Bahn Berlin wegfällt, bekommt über den konzerninternen Arbeitsmarkt eine neue Beschäftigung angeboten.

Übrigens musste sich auch die von Ihnen angesprochene S-Bahn Hamburg ebenfalls einem solchen Sanierungsprozess unterziehen – die Kunden haben es, wie Sie ganz richtig feststellen, honoriert. Die S-Bahn Hamburg hat soeben erfolgreich ihren Verkehrsvertrag mit dem Hamburger Senat verlängert. Arbeitsplätze und ein verlässliches und zukunftsfähiges Verkehrsangebot für die Kunden wurden so gesichert. Auf diesem Weg sind wir nun auch mit der S-Bahn Berlin und wir sind sicher, dass am Ende ein weiter erfolgreiches, aber auch wettbewerbsfähiges Unternehmen stehen wird – im Sinne unserer Kunden, unserer Mitarbeiter und der Stadt Berlin.

Mit freundlichen Grüßen

— Dr. Tobias Heinemann, Sprecher

der Geschäftsführung der S-Bahn Berlin GmbH

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