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Meinung: Prüfungsflut überrollt die Gymnasien

„Die ungeliebte Prüfung“von S. Vieth-Entus vom 13.

„Die ungeliebte Prüfung“

von S. Vieth-Entus vom 13. Dezember

Leider blieb in der Diskussion unbeachtet, dass es nicht darum geht, die Gymnasialschüler von einer Prüfung zu befreien, sondern darum, dass die Gymnasien mit der Prüfungsflut (MSA und Abitur im gleichen Zeitraum) einfach nicht fertig werden. An meiner Schule sind in diesem Jahr für 323 Prüflinge etwa 700 mündliche Prüfungsergebnisse in circa 400 halbstündigen Prüfungen zu ermitteln, von Prüfungskommissionen, die jeweils mit zwei bis drei Lehrern zu besetzen sind. (Hinzu kommen 969 schriftliche Prüfungsarbeiten und zentrale Vergleichsarbeiten in anderen Klassenstufen).

Dass die Terminpläne seit der Verdopplung der Prüfungslast durch Einführung des MSA an Gymnasien insgesamt im zweiten Schulhalbjahr über Wochen einen kontinuierlichen Unterricht torpedieren und auch Unterrichtsausfall unvermeidlich wird, ist das eigentliche Problem, dass Gymnasien mit dem MSA haben. Da ist der Vorschlag des VOB, eine gymnasial adäquate unterrichtskompatible Form des MSA zu finden (nicht die Abschaffung!), nur zu begrüßen. Leider offenbaren die Ausführungen von Herrn Zillich, dass über einer sachlichen Bewertung der Situation stets die ideologische Wunschvorstellung von der Gleichheit aller Schüler und Schulformen steht. Dabei hat doch der Senat selbst den Unterschied zwischen Gymnasien und Sekundarschulen zementiert: Gymnasien müssen das Abitur in zwölf Jahren bei schlechterer Lehrerausstattung schaffen, Sekundarschulen in 13 Jahren.

Dr. Bernd Kokavecz, Schulleiter des Humboldt-Gymnasiums, Berlin-Tegel

Im Bildungsdorf St. Absurdien ist mal wieder Schützenfest. Und als Vorsitzender des Verbands der Berliner Oberstudiendirektoren zeigt sich einmal mehr Herr Treptow als Gewinner der Krone im Bereich absurder Argumentation: er hält die Prüfung für überflüssig an Gymnasien, weil sie dort fast alle bestehen. Eigentlich könnte er darüber froh sein, denn das ist ein Erfolg. Aber er hat die absurde Auslesementalität der deutschen Schultradition so verinnerlicht, dass er offenbar nur Prüfungen als erfolgreich akzeptieren kann, in denen viele durchfallen – aber ist das nicht eigentlich ein Misserfolg? In welchem Bereich von Wirtschaft oder Öffentlichem Dienst außer am Gymnasium könnte Herr Treptow Scheitern als Erfolg verkaufen … Ganz nebenbei: das Abitur bestehen auch weit über 90 Prozent der Kandidaten – wird Herr Treptow demnächst auch seine Abschaffung fordern? Logisch wäre es, aber mit der Logik hat er es wohl nicht so.

Thomas Isensee,

Berlin-Charlottenburg

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