zum Hauptinhalt

Meinung: Sollen Schulleiter verbeamtet bleiben?

„Was Schulen fehlt - Der Wandel beginnt im Kopf“ Leitartikel vom 1. September Sicher hat Frau Vieth-Enthus recht, wenn sie ausführt, „Dreh- und Angelpunkt beim Erfolg oder Misserfolg einer Schule“ sei „nun mal deren Führung“.

„Was Schulen fehlt - Der Wandel beginnt im Kopf“

Leitartikel vom 1. September

Sicher hat Frau Vieth-Enthus recht, wenn sie ausführt, „Dreh- und Angelpunkt beim Erfolg oder Misserfolg einer Schule“ sei „nun mal deren Führung“. Dem Senator jedoch zu raten, Schulleiterinnen und Schulleiter sowie deren Stellvertreter nicht zu verbeamten, um sie bei Misserfolgen schneller loswerden zu können, ist absurd. Nach Artikel 7 GG hat der Staat die Verantwortung für die Schule übernommen. Er hat die Schulen als siegelführende Behörden mit hoheitlichen Aufgaben gestaltet. Somit ist es notwendig, dass mindestens die Leitung – Rektoren und Konrektoren – verbeamtet ist. Damit aber gar nicht erst unfähiges Leitungspersonal in den Schulen beschäftigt wird, ist dem zuständigen Senator zu raten, endlich dafür zu sorgen, dass Bewerber um die Posten von Schulleitern und Stellvertretern vor Antritt des Amtes angemessen ausgebildet werden. Der IBS weist seit Jahren darauf hin, dass auf Ausbildung und in der Folge auf Fort- und Weiterbildung für das Leitungspersonal nicht verzichtet werden kann. Konrektoren, die oft über einen langen Zeitraum hinweg Schule leiten müssen, könnten hier profitieren. In Leitungspositionen der Wirtschaft ist Fort- und Weiterbildung zur Selbstverständlichkeit geworden. Bislang ist es noch keinem Senator gelungen, ein qualitativ hochwertiges Aus- und Weiterbildungsprogramm vorzulegen. Das Bildungsprogramm für Führungskräfte des IBS könnte hier als Anregung und Vorbild dienen.

Darüber hinaus muss angemerkt werden, dass die Leitungszeit für die Führungskräfte in der Berliner Schule – gemessen an deren umfangreichen und offensichtlich ständig erweiterbaren Aufgaben – zu gering ist.

Abschließend sei bemerkt: Der Erfolg oder Misserfolg einer Schule hängt auch von der Teamfähigkeit der Lehrerkollegien ab. Hier muss allen Beteiligten die entsprechende zeitliche Ressource gegeben werden. Die Partei des Senators sollte bei ihrer Absicht, Milliarden in die Bildung zu investieren, daran denken, die vernachlässigten Belange der Schulleitungen und Lehrerkollegien zu berücksichtigen.

Heinz Winkler,

Vorsitzender des Interessenverbandes

Berliner Schulleitungen

Sehr geehrter Herr Winkler,

es gibt in jeder Stadt neben vielen guten und einigen sehr guten Schulen immer auch eine Anzahl von schlechten und einige sehr schlechte Schulen. Jeder weiß das, Eingeweihte kennen sie auch mit Namen. Nun hat die Schulforschung in unzähligen Schulen nachgewiesen, dass die Schulqualität in ganz erheblichem Maße von den Führungsqualitäten der Schulleitung mit abhängt. Unter der fehlenden pädagogischen oder kommunikativen Kompetenz ihrer Schulleiter und unter deren fehlenden Managementqualitäten leiden auch in dieser Stadt tausende von Schülern, Eltern und Lehrern – teilweise jahrelang.

Schulleiter haben auch Macht: Sie können Entwicklungen im Kollegium befördern oder abwürgen; sie können Elterninitiativen unterstützen oder ins Leere laufen lassen; sie können Schüler fördern und bekräftigen oder vollständig entmutigen – auch in großen Zahlen und auf Jahre hinaus.

Es ist niemals gut, zeitlich unbegrenzte Macht zu erhalten. Aus gutem Grund müssen sich Vorstandsmitglieder, Bundeskanzler und Präsidenten alle paar Jahre neu zur Wahl stellen: Man will die, die ihren Führungsjob nicht mehr gut machen und keine Unterstützung in der Bevölkerung mehr genießen, auch loswerden können. In der Demokratie darf Macht immer nur auf Zeit verliehen werden. Gute Leute können sich ja immer wieder bewerben und behalten dann auch ihre Position.

Verbeamtete Schulleiter wird man niemals mehr los. Kein Schulrat und kein Minister kann irgendetwas dagegen unternehmen, wenn sich herausstellt, dass sie ihrer Aufgabe nicht mehr gewachsen sind. Nun hat das Bundesverfassungsgericht im Frühsommer auf die Klage zweier Schulleiter hin entschieden, dass verbeamtete Schulleiter einen lebenslangen Anspruch auf ihre Position haben – völlig unabhängig von der Qualität ihrer Arbeit. Mit diesem Urteil hat das Verfassungsgericht auf Dauer die Schülerinnen und Schüler zu Geiseln der Versorgungsansprüche der Beamtenkaste gemacht, hinter deren Privilegien der Bildungsauftrag der Schule und der Bildungsanspruch der Schüler vollständig zurückgedrängt wurden.

Angestellte Schulleiter wird man auch nicht einfach los. Das öffentliche Tarifrecht stellt den Schutz der Lehrer auch über den Bildungsanspruch der Schüler. Aber es ist rechtlich möglich, Angestellten Führungspositionen nur auf Zeit anzuvertrauen. Und darauf kommt es an, wenn man Schulqualität haben will. „Verbeamtete Kunst, verbeamtete Charitas und verbeamtete Pädagogik sind ein Widerspruch in sich“, hat einst Hartmut von Hentig geschrieben. Ich füge sogleich für meinen eigenen Berufsstand hinzu: verbeamtete Wissenschaft auch!

Leider ist angesichts der Haushaltssituation nicht zu erwarten, dass das Land Berlin in Zukunft auf Qualität setzt und angestellte Lehrer durch Tarifzulagen in die Stadt (zurück)lockt. Denn Angestellte kommen den Staat erheblich teurer als Beamte, obwohl Beamte mehr verdienen. Unter anderem auch deswegen wird es auch in 30 Jahren in dieser Stadt neben vielen guten und sehr guten weiterhin viel zu viele miserable Schulen geben. Das Beamtenrecht will es so.

— Prof. Dr. Jörg Ramseger leitet die Arbeitsstelle Bildungsforschung Primarstufe an der FU Berlin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false