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Meinung: Wenn das mal gut geht

Zur Berichterstattung über die Situation in den Berliner Haftanstalten Justizvollzug scheint erst dann für die Medien interessant zu werden, wenn es gilt, der Öffentlichkeit zu zeigen, wie schlecht die dort Beschäftigten arbeiten. Sie sollen Medikamente in großem Stil unterschlagen; sie versorgen die Inhaftierten medizinisch schlecht; sie sollen absichtlich „vergessen“ Hafträume aufzuschließen, Ausgangsscheine und andere Formulare zu bearbeiten.

Zur Berichterstattung über die Situation in den Berliner Haftanstalten

Justizvollzug scheint erst dann für die Medien interessant zu werden, wenn es gilt, der Öffentlichkeit zu zeigen, wie schlecht die dort Beschäftigten arbeiten. Sie sollen Medikamente in großem Stil unterschlagen; sie versorgen die Inhaftierten medizinisch schlecht; sie sollen absichtlich „vergessen“ Hafträume aufzuschließen, Ausgangsscheine und andere Formulare zu bearbeiten. Es entsteht der Eindruck, dass wir Justizvollzugsbedienstete uns jeden Tag aufs Neue einen Spaß daraus machen, die Inhaftierten zu drangsalieren. Häufig bis ausschließlich wird aus der Sicht der Inhaftierten berichtet. Dass wir als Beamte da nicht gut wegkommen, liegt auf der Hand. Wir sind diejeinigen, die sichtbar für die Gefangenen deren Freiheit entziehen, wir kontrollieren deren Hafträume, wir kontrollieren deren Post, wir müssen häufig „nein“ zu den Inhaftierten sagen, wir überwachen fast jeden Schritt. Das die Inhaftierten nur darauf warten, uns es auch mal „heimzuzahlen“ ist nachvollziehbar und menschlich völlig verständlich.

Es wäre jedoch an der Zeit, auch einmal aus der Sicht derjenigen zu berichten, die tagtäglich die Arbeit „vor Ort machen“. In der JVA Charlottenburg – eine mittelgroße Anstalt des geschlossenen Männervollzuges – hat sich seit Anfang des Jahres 2002 bis Anfang 2007 der für die Unterbringungsbereiche zuständige Personalkörper um 19 Prozent verringert. Fast zum Normalfall ist es daher geworden; dass hier Unterbringungsbereiche mit einer erheblichen personellen Unterbesetzung betreut und überwacht werden müssen. Häufig stehen Kolleginnen und Kollegen zu zweit oder gar allein 60 bis 75 Inhaftierten gegenüber.

Dass dann insbesondere Aufgaben der sozialen und der mitmenschlichen Betreuung kaum noch oder gar nicht mehr wahrgenommen werden können, ist kaum verwunderlich. Im Vordergrund stehen dann allein die Sicherheit und Verwahrung. Denn schließlich – und darauf erhebt unsere Gesellschaft einen berechtigten Anspruch- müssen wir gewährleisten, dass die Inhaftierten sicher untergebracht sind, und dass niemand entfliehen kann.

Dem Personalabbau und der daraus resultierenden prekären Personalsituation stehen auf der anderen Seite immer mehr Inhaftierte in den Gefängnissen gegenüber. Ob das auf die Dauer gut geht?

Bernd Böhme, Vorsitzender des Personalrates der JVA Charlottenburg, Berlin

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