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Meinung: Wer im Glashaus sitzt und mit Steinen wirft ...

„Zentralrat der Juden: Meisner beleidigt Opfer“ und „Unentschuldbar“ vom 8. Januar 2005 Kardinal Meisner ist kein „öffentliches Ärgernis“.

„Zentralrat der Juden: Meisner beleidigt Opfer“ und „Unentschuldbar“ vom 8. Januar 2005

Kardinal Meisner ist kein „öffentliches Ärgernis“. Ein öffentliches Ärgernis ist es jedoch, den Kardinal zu bezichtigen, er klinge wie ein Fundamentalist. Damit wird auf infame Weise eine Nähe zum Terrorismus insinuiert und zu dessen geistiger Urheberschaft. Ich habe diese Brandmarkung als eine Art Hinrichtungsjournalismus empfunden, als eine Art moderner Ketzerverfolgung. Kardinal Meisner passt nicht ins moderne Weltbild, schon gar nicht in das Weltbild eines liberalen Fundamentalisten, für den die Autonomie des menschlichen Individuums den obersten Wert darstellt. Die Predigt des Kardinals hat alle bekannten Pawlowschen Reflexe ausgelöst. Erstaunlich und auch wieder nicht erstaunlich war die tiefe Stille in den obersten Rängen einer großen christlichen Volkspartei.

Volkmar Pleyer, BerlinCharlottenburg

Kardinal Meisner ist zum Stein des Anstoßes geworden. Er sagt Worte, die „man“ nicht hören will. Er ist sicher auch missverstanden worden. Er selbst gibt zu, etwas unvorsichtig formuliert zu haben. Aber es gibt eben auch Tatsachen, die immer wieder benannt werden müssen und dürfen. Wenige haben heute den Mut, dies zu tun. Unrecht den Ungeborenen gegenüber wird totgeschwiegen. Wer nicht schweigt, wird beschimpft und als Fundamentalist abgestempelt. Ich halte dies nicht für demokratisch.

Magdalena Gewies, Berlin-Reinickendorf

Kardinal Meisner hat mit seiner Predigt am Dreikönigstag provoziert. Das war so gewollt, dafür kennt man ihn. Zu Themen wie Homosexualität und Abtreibung bezieht er klar Stellung. Paul Spiegel, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, ist natürlich empört, dass Kardinal Meisner angeblich Abtreibung mit dem „systematischen und fabrikmäßigen Massenmord der Nazis“ direkt verglichen habe. Aber was ist „Abtreibung“ eigentlich? Abtreibung ist systematischer und fabrikmäßiger Massenmord an Menschen, die leider in Deutschland, vor allem aber unter Rot-Grün, keine Lobby haben. Jedes Jahr werden rund 130 000 ungeborene Kinder getötet; völlig legal. Von Ärzten, die einen Eid geschworen haben, Menschenleben zu retten! Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Auch wenn ich bestimmt kein Freund des Katholizismus bin, muss ich mich ausdrücklich bei Kardinal Meisner für seine klaren Worte bedanken. Jedes Kind ist von Gott gewollt und geliebt. Christen müssen konfessionsübergreifend, wenn es um Fragen christlicher Ethik und Moral geht, in der Öffentlichkeit das Wort ergreifen und dürfen nicht einknicken. Sie müssen die Bibel beim Wort nehmen, wenn es darum geht, Leben zu bewahren.

Paul Spiegel mahnte, es habe schon Personen des öffentlichen Lebens gegeben, die auf Grund „solcher Äußerungen von ihren Ämtern zurücktreten mussten“. Ein bisschen erinnert mich diese Diskussion an den „Fall Hohmann“. Herr Hohmann musste wegen angeblicher antisemitischer Hetze das Feld räumen, wurde aus Fraktion und Partei ausgeschlossen, obwohl er von allen Vorwürfen freigesprochen wurde. Herrn Kardinal Meisner wünsche ich, dass die katholische Kirche Rückgrat besitzt und ihm den Rücken stärkt.

Stephan Crummenerl, Bremen

Die weisen Worte des Kölner Kardinals sind verhallt, historische Vergleiche konnten missverstanden werden. Dabei verdienen die Kirchen jede Unterstützung, wenn sie durch Aufklärung und Zuwendung im Einzelfall Abtreibungen zu verhindern suchen. Auch ein öffentlicher Appell ist zu befürworten. Dennoch bleibt zu fragen: Hat die katholische Kirche 1945 alles getan, um Mörder an Schreibtischen oder in den Gaskammern der irdischen Gerechtigkeit zuzuführen, oder hat sie manch einen sicheren Weg nach Südamerika geebnet? Und was geschah mit ungewollten Kindern hinter den Mauern von Kirchen und Klöstern über die Jahrhunderte? Hätten hier historische Vergleiche gepasst? Der alte Spruch vom Steinewerfen aus dem Glashaus ist sicher auch in Kardinalskreisen bekannt.

Jürgen Stöber, Berlin-Siemensstadt

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