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Meinung: Wie können wir Afrika helfen?

Zum Interview mit Bob Geldof vom 5. Februar anlässlich des G-8-Gipfels Herrn Geldofs Forderung, dass Afrika geholfen werden muss, leuchtet ein.

Zum Interview mit Bob Geldof vom 5. Februar

anlässlich des G-8-Gipfels

Herrn Geldofs Forderung, dass Afrika geholfen werden muss, leuchtet ein. Seine Ansicht, China sei für den Exportweltmeister Deutschland ein großer Rivale, erscheint ebenfalls richtig.

Und dass China versucht, mit finanziellen Hilfen Einfluss auf dem rohstoffreichen Schwarzen Kontinent zu gewinnen, ist verständlich. Der weiter wachsende Wirtschaftsriese muss seinen Bedarf an Rohstoffen genauso decken wie die Europäer. Insofern ist klar, dass wir in Afrika weiterhin präsent sein, unsere Beziehungen ausbauen müssen.

Aber es stellen sich doch Fragen: Deutschland hat nun einmal 1,5 Billionen Euro Schulden, die sind (leider) nicht wegzudiskutieren. Wir haben die Maastrichtkriterien zur Neuverschuldung jahrelang nicht einhalten können, unsere sozialen Sicherungssysteme (Rente, Gesundheit, Pflege, Arbeitslosenversicherung) kollabieren. Das alles schränkt den Spielraum des Finanzministers, Wohltaten zu verteilen, doch erheblich ein. Ich denke, wir müssen erst einmal unser Schuldenproblem lösen, um überhaupt wieder handlungsfähig zu werden. Wie sollen wir also unter den derzeitigen Vorraussetzungen unsere Ausgaben für Entwicklungshilfe Jahr für Jahr um 620 Millionen Dollar erhöhen?

Dazu kommt, dass gerade in Afrika die Korruption geradezu grassiert. Ob weitere finanzielle Zusagen der Bevölkerung wirklich helfen, ist mehr als fraglich. Man kann davon ausgehen, dass ein Großteil der Hilfsgelder für afrikanische Staaten niemals bei der Bevölkerung ankommt.

Das zu ändern, die Korruption in Afrika zu bekämpfen, sollte vordringliche Aufgabe sein. Dann kann auch wirksam gegen die Armut dort vorgegangen werden.

Stefan Winkelmann,

Berlin-Wilmersdorf

Sehr geehrter Herr Winkelmann,

ich habe Ihren Brief und Ihre Argumentation mit Interesse gelesen. Es ist schon richtig, dass wir hoch verschuldet sind und unsere Sozialversicherungssysteme reformiert werden müssen. Aber: Es geht bei einer Hilfe für Afrika nicht nur darum, wie Sie schreiben, Wohltaten zu verteilen. Es geht um mehr. Wir haben leider immer noch einen etwas verkürzten Blick auf Afrika. Wir sehen vor allem einen Kontinent der von Kriegen, Krisen und Seuchen heimgesucht wird.

Dabei übersehen wir aber, dass Afrika dynamische Wirtschaftszentren, und punktuell eine kreative, junge und leistungsbereite Gesellschaft hat, wie zum Beispiel in Ghana oder Nigeria. Wer Afrika hilft, gibt diesen Menschen eine Zukunft, ein lebenswertes Leben und hilft die Armut zu überwinden. Wer Afrika hilft schafft auch Absatzmärkte für die Zukunft. Und – Sie haben es ja erwähnt – erhält sich den Zugriff auf große Rohstoffreserven. Deutschland als rohstoffarmes Land tut gut daran, darüber nachzudenken.

Ein weiterer Aspekt ist für uns Europäer besonders wichtig: Nur wenn wir in Afrika lebenswerte Zustände schaffen, können wir das Flüchtlingsproblem bewältigen. Diese menschliche Tragödie, die sich Tag für Tag auf dem Mittelmeer zwischen Afrika und Europa abspielt, können wir nicht länger dulden. Diese Menschen riskieren ihr Leben auf seeuntüchtigen Booten für ihre Hoffnung. Diese Hoffnung muss ihnen aber in Afrika selbst gegeben werden. Selbstverständlich ist dabei Korruption eines der größten Probleme, die effektiver Hilfe im Weg stehen: Hier sind alle gefordert: die Geberländer, die Bevölkerung der afrikanischen Staaten selbst und die dort herrschenden Eliten. Entwicklungshilfe muss punktuell und effektiv sein – kein Gießkannenprinzip.

Die Eliten der Länder müssen verstehen, dass es längerfristig allen nutzt, wenn ein Land aufgebaut und nicht ausgebeutet wird. Die Bevölkerung muss in demokratischen Wahlen, mit einer freien Presse und Hilfe von Außen den Eliten auf die Finger schauen und sie kontrollieren. Das alles wird dauern – aber wird dürfen Afrika nicht aufgeben. Neben allen anderen Überlegungen zählt vor allem eines: Sie sind unsere Nachbarn und Mitmenschen und haben Hilfe verdient.

Mit freundlichen Grüßen

— Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP),

MdB, Vorstandsvorsitzender

der Friedrich-Naumann-Stiftung

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