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Meinung: Links, zwo, drei, vier

Von Stephan-Andreas Casdorff

Geschichte wiederholt sich doch? Herrje, so wirkt es zumindest. Ja, ja, wieder werden alle sagen: Berlin ist doch nicht Weimar. Und dennoch ist das, was da auf der politischen Linken passiert, eine verdammt geschichtsträchtige Angelegenheit. Da gibt es jetzt also plötzlich vier linke Parteien. Nun kann man darüber streiten, wie links die einzelnen wirklich sind. Die PDS, um mit ihr zu beginnen, ist strukturkonservativ und sozialdogmatisch. Die Grünen sind salonlinks und links-emblematisch. Die WASG – ja, die ist noch gar nicht, eigentlich, aber wenn, dann ist sie vor allem gegen etwas: gegen Hartz IV und die Agenda 2010. Früher hätten die Progressiven gesagt: Die sind aber konservativ. Womit wir bei der SPD wären. Was die ist, weiß sie selber nicht. Was aus ihr werden soll, auch nicht. Und was aus ihr wird, schon gar nicht.

Es kann sein, dass wir hier entweder eine Zersplitterung der Linken erleben, eine im Sinne der gegenseitigen Marginalisierung. Dann gäbe es gewissermaßen beiläufig eine bürgerlich-konservative Hegemonie. Oder aber, im genau entgegengesetzten Fall, gibt es diese weitere, neue, wie auch immer geartete Parteienbildung, die der SPD und den Grünen die Hand zum Bund reicht. Keine Zwangsvereinigung (worauf die CDU in einer Art Rote-Socken- oder Rote-Hände- Kampagne à la Volksfront sicher anspielen würde), sondern eine, die in einer Koalition Lafontaines Wahlspruch von 1998 folgen müsste: Innovation und soziale Gerechtigkeit. Die Innovation wäre dann wahrscheinlich aber in erster Linie dieses Bündnis …

Wo wir gerade bei Lafontaine sind: Mit ihm und Gysi hat diese Linke plötzlich wieder zwei Gesichter. Aber die beiden passen schon zusammen. Gysi und der andere Volkstribun begegnen einander zu einer Zeit, die wenigstens nach ihrer Ansicht reif ist für ein Revolutiönchen in Sachen sozialer Gerechtigkeit – und allemal für die Wiedergeburt zweier vermeintlicher Autoritäten. Schade nur, dass Gysi vergessen zu haben scheint, was er neulich erst gesagt hat: „Ich war überzeugt, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Heute weiß ich, dass es oft die falsche Seite war.“ Lafontaine hätte das auch schon längst mal eingestehen sollen.

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