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Meinung: Löwe will Tiger sein

Pakistans Wahlsieger verspricht den Aufschwung und schlägt nach außen leisere Töne an.

Die Zeit des Gebrülls ist vorbei. Der „Löwe vom Punjab“ muss nun ein Konzept für Pakistans Zukunft vorlegen, dessen Wähler den ehemaligen Premier von der rechts-konservativen Muslim-Liga, Nawaz Sharif, überraschend deutlich zum neuen Regierungschef gemacht und die amtierende Volkspartei abgewählt haben. Allein die Wahlbeteiligung sollte Demokraten anderswo Respekt abnötigen – sie stieg im Vergleich zu 2008 um mehr als 15 Prozentpunkte. Das ist das Gegenteil der im Westen so oft beklagten Politikverdrossenheit, und das, obwohl die Wähler nicht wussten, ob sie unversehrt abstimmen können.

Ein Teil des Erfolgs von Sharif dürfte dem Sloganklau bei Ex-Kricketstar Imran Khan geschuldet sein, der ebenfalls sehr viel besser abschnitt, als viele Beobachter es für möglich gehalten hatten. Im Atomstaat Pakistan bewegt sich inzwischen mehr, als selbst viele Pakistaner glaubten. Viele, auch viele junge Wähler, schwankten aber bis zum letzten Tag, wem sie ihre Stimme geben sollten.

Dass mit Nawaz Sharif doch wieder eines der alten Gesichter der reichen und einflussreichen Familien die Macht bekommt, hängt auch damit zusammen, dass sein mit ihm stets als politischer Zwilling auftretender Bruder Shahbaz die Provinz Punjab regierte, in der mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt. Dort sind die umstrittenen Sharifs bestens vernetzt, vor allem ist die wirtschaftliche Lage besser als anderswo im Land. Die Menschen sind den Terror ebenso leid wie ihre immer schlechter werdenden Lebensbedingungen mit Stromausfällen, knappem Sprit und hohen Lebensmittelpreisen. Viele erhoffen sich wohl, dass ihr Leben unter Sharif leichter wird. Immerhin hat er angekündigt, das marode Land zum asiatischen Tiger machen zu wollen. Die Börse reagierte mit einem Allzeithoch.

Innenpolitisch hat Sharif manche Wähler wohl enttäuscht, als er am Montag einen alten Gefährten zum Finanzminister ernannte. Denn er muss dringend Reformen einleiten. Um die zu finanzieren, muss er eine breitere Steuerbasis schaffen. Nicht zuletzt damit der Währungsfonds Pakistan noch einmal hilft. Das Land ist auf internationale Finanzhilfe angewiesen.

Und so hat Sharif in Richtung Ausland bereits leisere Töne angeschlagen. Keine der populären Drohungen gegen die USA, nun will er versuchen, die Amerikaner zu „überzeugen“, keine Drohnen mehr einzusetzen, den US-Abzug aus Afghanistan via Pakistan will er unterstützen. Es geht um viel Geld – und Einfluss.

Auch die Beziehungen zum langjährigen Erzfeind Indien will er offenbar rasch verbessern. Sharif lud Premier Mammohan Singh schon zu seiner Amtseinführung ein.

Spannend wird, wie Sharif seine Nähe zu Saudi-Arabien und den radikalislamischen Taliban nutzen wird. Die Menschen ächzen unter der Hetze islamistisch geprägter Eiferer und ihren Anschlägen. Sharif hat Gespräche mit den Taliban angekündigt. Die Frage ist: Wird er ihnen große Zugeständnisse machen oder wird er sie einbinden, ohne ihrem religiösen Rigorismus allzu weit nachzugeben?

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