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Meinung: Lügen in Serie

Machtprobe mit dem Westen: der Iran und sein Atomprogramm

Iran ist noch einmal davongekommen: Die Atomenergiebehörde IAEO hat den Fall nicht an den UN-Sicherheitsrat überwiesen und Teheran bis Juni Zeit gegeben, offene Fragen zu seinem Atomprogramm zu beantworten. Und das, obwohl im letzten Bericht der IAEO deutlich wurde, dass Iran gelogen hatte. Schließlich hatte Teheran im Oktober einen Bericht vorgelegt, der vorgab, „den vollen Umfang des iranischen Atomprogramms“ zu beschreiben. Das war, bevor Libyen sein Programm zum Bau einer Atombombe offen gelegt hatte, das den iranischen Bemühungen in manchen Aspekten verblüffend ähnelt, weil beide Länder ihre Technik in Pakistan eingekauft haben. Wegen dieser Ähnlichkeiten konnten die Wiener Inspekteure in den letzten Wochen nicht deklarierte Elemente des iranischen Nuklearprogramms finden. Die Glaubwürdigkeit der Teheraner Führung ist erschüttert.

Seit sein Atomprogramm bekannt wurde, reagiert Iran mit einer Mischung aus Kooperationsbereitschaft und Verweigerung: Erst wenn es gar nicht anders geht, wird eingelenkt. Endgültige Berichte werden verschoben. Wenn sie dann abgegeben werden, erweisen sie sich als unvollständig. Die Frage ist, wie lange sich die IAEO das noch bieten lassen will. Schließlich geht es um viel. Nach allem, was in den Berichten der IAEO steht, kann man eigentlich nur zu einem Schluss kommen: Teheran betreibt seit langer Zeit ein Programm zum Bau von Atombomben. Die Frage lautet nun: Wie kann man verhindern, dass die Mullahs in wenigen Jahren tatsächlich die Bombe besitzen?

Noch im Herbst hatte es Grund zur Hoffnung gegeben, als Franzosen, Deutsche und Briten Teheran drängten, sich strikteren Inspektionen zu öffnen. Vom damaligen Optimismus ist nicht viel geblieben. Die Manöver der Mullahs deuten darauf hin, dass sie nicht wirklich von der Bombe lassen wollen. So erklärt sich auch, warum die Konservativen die Reformer bei den letzten Wahlen so brutal wie undemokratisch aus Regierung und Parlament gedrängt haben: Für den Fall, dass es in der Atomfrage zum Konflikt mit dem Westen kommt, will man sich nicht auch noch mit interner Opposition rumschlagen. Europa sollte also auf eine harte Auseinandersetzung mit Teheran vorbereitet sein.

Um die zu bestehen, muss man auf beiden Seiten des Atlantiks umdenken. Die Europäer sollten einsehen, dass die Mullahs nur nachgeben, wenn der Westen sich nicht auseinander dividieren lässt. Wenn die Diplomatie scheitert, hieße das, die USA auch bei harten Maßnahmen zu unterstützen. Das Spektrum könnte von Wirtschaftssanktionen der UN bis zu gezielten Militärschlägen gegen Irans Nuklearanlagen als Ultima Ratio – als wirklich allerletzter Ausweg – reichen. Aber auch die Amerikaner müssen mehr bieten als nur die strafende Rute. Dass die Mullahs so viel Geld und Ressourcen in ihr Atomprogramm investieren, hat ja einen Grund: Sie fühlen sich von den USA bedroht. Die Bombe soll ihr Regime unangreifbar machen.

Diese Kalkulation lässt sich nur verändern, wenn die USA bereit sind, in einen Sicherheitsdialog mit Teheran zu treten und etwa über einen Nichtangriffspakt zu verhandeln. Dass es am Ende zu solch einem politischen Gesamtpaket kommt, ist zwar unwahrscheinlich, weil Teheran dafür auch die Unterstützung von Terrororganisationen wie die Hisbollah oder den palästinensischen Islamischen Dschihad aufgeben müsste. Dennoch sollten die Amerikaner zumindest versuchen, den Mullahs einen Weg aus ihrer selbst gewählten Isolation anzubieten. Nur dann können sie die Unterstützung Europas einfordern, falls Teheran am Ende doch die Machtprobe sucht.

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