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Meinung: Mädchen mit Macht

Von Simone von Stosch Jetzt also hat auch Edmund Stoiber sein Mädchen. Erst ja, dann nein, dann halb, jetzt doch wieder ganz – Katherina Reiche ist im Kompetenzteam der Union für Familienpolitik zuständig.

Von Simone von Stosch

Jetzt also hat auch Edmund Stoiber sein Mädchen. Erst ja, dann nein, dann halb, jetzt doch wieder ganz – Katherina Reiche ist im Kompetenzteam der Union für Familienpolitik zuständig. Das ist das vorläufige Ende eines innerparteilichen Gezerres, aus dem mit Sicherheit einer beschädigt herausgeht: der Kandidat selbst.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Glück & Co. die junge Brandenburgerin verhindern wollten, dass Stoiber die Konfrontation scheute und der unkonventionellen jungen Frau Reiche den altbackenen Herrn Seehofer an die Seite stellen wollte. Dies wäre dann die Personifizierung des familienpolitischen Spagats gewesen, die CDU-Spitze hat diese Peinlichkeit offenbar verhindern können.

Katherina Reiche ist gleich mehrfach Alibifrau: Ost, Frau und vor allem Mutter ohne Trauschein, die auch noch Karriere macht. Mit Reiche als Aushängeschild lassen sich Wähler in der „neuen Mitte“ gewinnen; ihr Aufreten ist freundlich und konventionell genug, um auch die konservativen Stammwähler nicht zu verprellen. Sie ist also harmlos. Scheinbar.

Der Fall Reiche weckt Erinnerungen an Angela Merkel einerseits, Claudia Nolte andererseits – die beiden Mädchen von Altkanzler Kohl. Beide wurden von ihm in die hohe Politik geholt, beide waren bis dato ziemlich ahnungslos in Sachen Familienpolitik und durften auf diesem „Spielplatz“ ihre ersten Erfahrungen sammeln. Unvorstellbar, dass die Union so zum Beispiel ihre Verteidigungsminister benennen würde – die Praxis spricht Bände über den geringen Stellenwert, den die Familienpolitik in der Union hat. Daran ändert sich auch unter Stoiber nichts, der doch die Familie ins Zentrum stellen wollte.

Möglich, dass Stoiber sich trotzdem verschätzt. Dieses Mädchen kann ihm im Wahlkampf noch gefährlich werden. Sie, die laut Stoiber „voll und ganz die Familienpolitik der Union repräsentiert“, sagt nämlich – freundlich lächend – Sätze wie diese: „Jeder ist sein eigener Experte in Sachen Familie!“ und: „Der traditionelle Familienbegriff stößt an seine Grenzen.“ Das klingt mehr nach Rot-Grün als nach Union und schon gar nicht nach CSU. Stoiber will zusammenhalten, was nicht zusammengehört. Wenn Katherina Reiche so weiter macht, tritt der Spagat in der Familienpolitik offen zutage. Das könnte für die Union brandgefährlich werden.

Übrigens: Von den zwei Mädchen des Helmut Kohl ist eine in der Bedeutungslosigkeit verschwunden, die andere ist heute Parteichefin. Warten wir also ab.

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