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Marco W.: Was recht ist

Auch wenn es aus deutscher Perspektive so aussieht, als sei Marco W. unschuldig, die Entscheidung kann nicht gefällt werden, ohne die Aussage des mutmaßlichen Opfers.

Vier Monate sitzt der deutsche Schüler Marco W. nun schon wegen seiner Begegnung mit einem britischen Mädchen in Untersuchungshaft, mindestens einen weiteren bleibt er nach der jüngsten Entscheidung des Gerichts in Antalya noch hinter Gittern. Das ist sehr lang, vor allem nach deutschen Maßstäben. Ob es zu lang ist, wie nicht nur seine Familie kritisiert, das wird sich aber erst nach dem Urteil sagen lassen. Unverhältnis lang wäre die fünfmonatige U-Haft dann, wenn schon jetzt feststünde, dass dem jungen Mann ein paar Monate Haftstrafe drohen. Dem ist aber nicht so. Die Nebenklage – die Interessenvertretung des mutmaßlichen Opfers – fordert eine Verurteilung wegen Vergewaltigung, worauf auch für Jugendliche bis zu fünf Jahre Haft stehen. Die Staatsanwaltschaft behält sich einen ähnlichen Antrag noch vor; bisher lautet ihre Anklage auf sexuellen Kindesmissbrauch, wofür ein 17-Jähriger immerhin auch noch bis zu zwei Jahre bekommen könnte. Kindesmissbrauch und Vergewaltigung sind keine Kavaliersdelikte. Auch wenn es aus deutscher Perspektive so aussieht, als sei Marco W. wohl unschuldig: Seine Schuld oder Unschuld festzustellen, ist die Aufgabe des Gerichts – und das kann seine Entscheidung nicht fällen, ohne auch die andere Seite gehört zu haben: die des mutmaßlichen Opfers. (güs)

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