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Bauen, reparieren, sanieren - Grundaufgabe des Staates.

© Doris Spiekermann-Klaas

Marode Infrastruktur: Wer zu spät saniert

In ganz Deutschland sei die Infrastruktur marode, heißt es landauf, landab. Aber ist das wirklich so? Oder liegt das Problem darin, rechtzeitig zu handeln und das Geld besser zu verteilen?

Manchmal ist es ganz gut, aus dem Berliner Betrieb herauszukommen, dem kommunalen wie dem hauptstädtischen, und in die Provinz zu fahren. Das weitet den Blick und rückt manche Aufgeregtheit zurecht. Zum Beispiel im Schwäbischen. Wenn man dort zufällig den Bürgermeister einer kleinen Gemeinde trifft, dann fragt man ihn natürlich nach seinen Sorgen, nach der maroden Infrastruktur, den Schlaglöchern, den bröckelnden Brücken, den einbrechenden Schuldächern. Denn ist das nicht überall so? Doch wie lautet die Antwort? Man habe keine Probleme, jedenfalls keine großen. Man müsse halt rechtzeitig was tun. Man dürfe eben nicht schlafen. Schlafen sie also, die Verantwortlichen in den Ländern und Kommunen, in denen über Defizite und zu wenig Geld geklagt wird?

Eine Herausforderung

Das wäre sicherlich zu hart formuliert. Und der deutsche Süden ist zweifellos eine gesegnete Gegend mit seinen rührigen Bürgermeistern und vor allem dem vielen Geld, das dort in die öffentlichen Haushalte fließt. Da lasse es sich dann ja leicht reden, könnte man entgegenhalten. Im Ruhrgebiet aber sei das ganz anders. Oder auch in der Bundeshauptstadt, die zweifellos, wie jede Großstadt, beim Erhalt der Infrastruktur vor einer großen Herausforderung steht (und hier möglicherweise nicht nur ein Geldproblem hat, sondern ein Rührigkeitsproblem). Von Schleswig-Holstein aus, auch so eine Problemzone, hat gerade erst Ministerpräsident Torsten Albig versucht, mit seinen Klageliedern und seinen Forderungen nach Sonderabgaben für den Straßenbau die ganze Republik wachzurütteln. Deutschland, ein Land zerbröselnden Asphalts, gesperrter Brücken, maroder Schultoiletten? Nun hat Albig, was sein Land betrifft, gar nicht Unrecht. Wer aus dem aufgebauten Mecklenburg-Vorpommern nach Schleswig-Holstein fährt, dem fällt schon auf, dass die Autobahnen schlechter werden. Und es ist zweifellos richtig, dass es auch andernorts bei Straßen, Kanälen, öffentlichen Gebäuden hapert. Nicht nur in Berlin fallen Decken herunter.

Kein Sanierungsfall

Eines aber ist nicht richtig: Dass wir bundesweit ein riesiges Problem mit einer verkommenen oder zumindest verkommenden Infrastruktur haben. Dass ganz Deutschland ein Sanierungsfall ist. Im Osten etwa stimmt es schon mal gar nicht. Nach fast einem Vierteljahrhundert Sonderförderung ist man dort mittlerweile ganz gut aufgestellt. Und die Ost-Länder können nach wie vor mehr Geld je Einwohner ausgeben als die West-Länder. Auch in der angeblichen Elendsregion NRW gibt es neben Sorgenstädten wie Oberhausen eben auch das satte Düsseldorf und das aufgeräumte Münster. Vom Süden muss man, siehe oben, ohnehin nicht reden, auch wenn es sogar dort Kommunen mit Problemen gibt. Kurzum: Die marode Infrastruktur ist kein nationales, sondern ein regionales Problem. Zum Teil wohl hausgemacht, zum Teil wohl auch das Ergebnis falscher Planung im großen Bundesrahmen. Die Verkehrspolitiker wollen nun die vermeintlich günstige Meinungslage nutzen, um mehr Geld in ihre Etats zu leiten. Aber zeigt ihre Milliardenforderung nicht auch, dass nicht gut genug vorgesorgt, dass nicht rechtzeitig genug getan wurde? Der deutsche Staat ist keineswegs unterfinanziert. Er hat jedoch ein Problem damit, das viele Geld so zu verteilen, dass erst gar kein größerer Notreparaturbedarf entsteht. Einen Grund aber, die Bürger noch stärker zu belasten, den hat er nicht.

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