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Martensteins Kolumne: Krise der Kirche: Keiner haut wie Don Camillo

Vier Fäuste für ein Halleluja: Bud Spencer und Terence Hill umspielen schon seit Jahren elegant die Krise der Kirche in ihren Filmtiteln.

Während meiner Schulzeit, 60er Jahre, bin ich nur von einem einzigen Lehrer geschlagen worden, das war der katholische Religionslehrer, ein Priester. Nein, ich bin nicht traumatisiert, nur ein bisschen sauer. Sollte ich jemals in die Verlegenheit kommen, eine Sittengeschichte des Klerus verfassen zu müssen, dann kenne ich zumindest schon mal den Titel: „Vier Fäuste für ein Halleluja“.

Überhaupt scheint noch niemand erkannt zu haben, dass die italienischen Westernhelden Bud Spencer und Terrence Hill die Krise der Kirche seit Jahrzehnten in ihren Filmtiteln elegant umspielen. Die Desillusionierung, die viele zurzeit empfinden, dieses Gefühl, dass religiöse Vorbilder sich als Gestalten mit nur allzu menschlichen Mängeln entpuppen, all dies kann man doch nicht besser auf den Punkt bringen als mit der Formulierung „Auch die Engel essen Bohnen“ (sehr erfolgreich, 1973). Kann man das Schicksal der Bischöfe Williamson (Antisemit) und Mixa (Lügner) besser beschreiben als mit dem Filmtitel „Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle“? Eines der späteren Werke von Bud Spencer, 1983, bringt es vielleicht am deutlichsten auf den Punkt: „Keiner haut wie Don Camillo“.

Spott ist schlimm, zugegeben, aber, glauben Sie mir, Hochwürden, nicht so unangenehm wie Prügel. In etlichen Kommentaren nach dem Mixa-Rücktritt wurde der Gedanke ausgedrückt, dass wir uns in einer ähnlichen Zeitenwende befinden wie 1989. So, wie die Sowjetunion, die DDR und der „reale Sozialismus“ wegen ihrer Unbeweglichkeit und der Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit implodiert seien, widerfahre es jetzt der katholischen Kirche. Verschwinden werde sie nicht, aber sie sei, bis auf Weiteres, irreparabel geschwächt. Ich fände das, ganz unironisch, schade. Dass die Kirche nicht „modern“ sein wollte, war bisher eher eine Stärke. So, wie jeder Angeklagte einen Pflichtverteidiger braucht, haben auch die Tradition und die alten Werte, egal, wie man sie findet, einen Pflichtverteidiger nötig. Jemand muss sagen, dass „neu“ nicht automatisch „besser“ ist, denn häufig stimmt das. Die Kirche war die letzte Kraft, die so etwas glaubwürdig vertreten konnte.

Erinnert sich noch jemand an Don Camillo und Peppone? Ein Priester und ein kommunistischer Bürgermeister, die in einem italienischen Dorf um die Seelen der Einwohner kämpften und sich ähnlicher waren, als beide glaubten. In Don Camillos Kirche hängt ein hölzernes Kreuz, dorthin flüchtet er in Krisenmomenten und fragt den Herrn nach seiner Meinung. Der Herr spricht mit ihm. Gedreht wurde diese Filme im Dorf Brescello, Emilia Romagna. Vor ein paar Tagen aber, ausgerechnet in der Nacht zum Ostersonntag, brach in der Kirche von Brescello ein Feuer aus. Don Camillos Kreuz verbrannte vollständig zu Asche.

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