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Meinung: Matthies meint: Das Ende der Scampi-Gesellschaft

Der Mensch ist, was er isst, der Politiker erst recht. Im Zuge der verschärften Verfeinerung der Esssitten haben sich unsere Volksvertreter deshalb in den letzten Jahrzehnten über die streng volkstümliche Kost erhoben; wer wollte schon am Ende als Würstchen dastehen?

Der Mensch ist, was er isst, der Politiker erst recht. Im Zuge der verschärften Verfeinerung der Esssitten haben sich unsere Volksvertreter deshalb in den letzten Jahrzehnten über die streng volkstümliche Kost erhoben; wer wollte schon am Ende als Würstchen dastehen? Scampi aber, die klingen nach Mittelmeer und liberalem Geist, und sie wurden deshalb langsam zur Volks- wie Politikernahrung, eiweißreich, bissfest, schmackhaft, gräten- und brötchenfrei. Bis jetzt. Die Berliner CDU werde bei ihrer Wochenendklausur nach dem Prinzip "Buletten statt Scampi" verfahren, lesen wir aufgeschreckt, offenbar ein zeitbedingter Kotau vor dem notorischen Dafür-hamse-Geld-Berliner. Doch die Verachtung der Meeresfrüchte geht weiter: Wer den Fußball-Bayern so richtig ans Leder will, nennt sie "Scampi-Bayern", obwohl sie doch locker Hummerbayern oder gar Kaviarbayern heißen könnten. Nein: Scampi sind zurzeit das wahre Teufelswerk, zumal mit Chloramphenicol aus chinesischer Zucht. Das ist nun vorbei, der Trend geht zurück zu Bier & Boden, angeführt vom Kanzler persönlich; Joschka Fischer ist ohnehin längst bei Wasser und Brot. Ein Konjunkturbarometer? Erleben wir womöglich gerade das Ende der Scampigesellschaft? Die Rückkehr zum selbstgebackenen Fünfkornlaib aus dem Geist der Sparsamkeit? Wir müssen die Berliner CDU sorgfältig im Auge behalten.

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