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Kann Steinbrück nun aufatmen, nachdem klar ist, dass er nicht versprochen hatte, das Redehonorar zu spenden?

© dpa

Matthies meint: Ganz und gar Sozialdemokrat

Steinbrück hat sein Redehonorar von den Bochumer Stadtwerke nicht gespendet. Das hätte man von einem Mann, dessen Partei soziale Gerechtigkeit predigt, durchaus erwarten dürfen. Doch man kann Steinbrück zugute halten, dass er das Geld dennoch für einen guten Zweck verwendet hat.

Was sollen wir nun bloß mit diesem Kanzlerkandidaten anstellen? Ihn schnell wählen, damit er endlich aufhört, klamme deutsche Kommunen um absurde Redehonorare zu erleichtern? Oder der SPD schnell noch einen neuen suchen, der es sich nicht zum Ziel gesetzt hat, die vielbeschworene Schere zwischen Arm und Reich höchstpersönlich ein bisschen weiter aufzustemmen?

Der letzte Stand der Dinge bei den Bochumer Stadtwerken ist dieser: Der Betrieb hatte Peer Steinbrück für einen Auftritt 25 000 Euro ausgezahlt und hinterher behauptet, es sei aber verabredet gewesen, dass die Summe für irgendwas Karitatives gespendet wird. Der SPD-Kandidat bestritt das, schickte seine Anwälte vor, und nun heißt es aus Bochum betreten, ja, das mit der Spende habe man wohl ausgerechnet Steinbrück nicht gesagt, so was Dummes aber auch.

Ach, wir landen ja immer gleich beim Sozialneid. Ehrlich: Wenn irgendwelche Banker bereit sind, fünfeinhalb Jahre Hartz IV dafür auszuspucken, dass ein Profi sie ein Stündchen lang nett in die Schranken weist, bitte sehr, sollen sie doch. Aber die Stadtwerke? 25 000 für eine Rede, die ihnen jeder andere Politiker gratis gehalten hätte? In einer Pleitestadt wie Bochum? Aus der Ferne sieht das aus wie der Versuch, den Sozialetat am Parlament vorbei ein wenig durch die Hintertür aufzupusten. Und aus der Nähe ... ach, das will man gar nicht wissen.

In vielen Kommentaren hieß es nun, Steinbrück könne aufatmen. Aber wieso? Das Doofste ist doch gerade, dass er nun, da das Ganze bekannt ist, das Geld nicht etwa mit Trara an die Kindernothilfe Bochum-Ost spendet und dazu persönlich mit einem Sack Gummibärchen anreist, sondern sich im Gegenteil mit den Stadtwerken darüber streitet, dass er das nie versprochen hat. Hallo? Der Mann will Kanzler werden für eine Partei, die die soziale Gerechtigkeit ein ganzes Stück ernster nimmt als Moses die Gesetzestafeln. Dürfen wir nun damit rechnen, dass August Bebel aus seinem Grab irgendwas Tödliches auf den Kandidaten schleudert?

Immerhin wollen wir Steinbrück zugute halten, dass er das Geld doch für einen guten Zweck verwendet hat. Eine Hälfte fürs Finanzamt, die andere beispielsweise für einen schönen Urlaub mit der Familie oder die Altersabsicherung, die so wichtig ist, damit man nicht später der Solidargemeinschaft zur Last fällt. Und insofern ist er am Ende doch ganz und gar Sozialdemokrat.

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