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Meinung: Mazedonien: Soldatisches Hilfswerk

Die Nato wird Soldaten nach Mazedonien schicken. Das ist nun sicher.

Die Nato wird Soldaten nach Mazedonien schicken. Das ist nun sicher. Sie sollen dreißig Tage dort bleiben, nicht um für Frieden zu sorgen, sondern nur um Waffen einzusammeln. Das ist eine Illusion - auch das ist sicher. Es ist nichts als eine dumme Selbsttäuschung zu glauben, dass die Gewalt aufhört, nur weil Nato-Soldaten dort ein freundliches Gesicht machen.

Zum Thema Online-Umfrage: Soll sich die Bundeswehr am Mazedonien-Einsatz der Nato beteiligen? Chronologie: Auslandseinsätze der Bundeswehr Die Auseinandersetzung in Mazedonien ist komplex, unvorhersehbar, unübersichtlich. Eigentlich ist es ein Krieg, den außer ein paar militanten UCK-Kämpfern niemand will. Aber es gehört zur Logik solcher Auseinandersetzungen, dass, was klein beginnt, größer wird, dass die Gewalt den Alltag frisst, dass die Eskalation langsam aber stetig die Normalität zwischen slawischen und albanischen Mazedoniern zerstört. So lange bis nur noch ein entfesselter Bürgerkrieg, Vertreibung und Trennung bleiben.

Nato und EU haben von Beginn an versucht, diesen unweigerlichen Zerfall zu stoppen. Sie haben schnell reagiert, anders als in Bosnien. Denn wenn die Lage in Mazedonien eskaliert, ist auch die Befriedung des Kosovo in Gefahr. So hat der Westen einen Kompromiss erzwungen: Die Albaner sollen mehr Rechte bekommen. Und: Die UCK-Kämpfer sollen amnestiert werden, dafür geben sie ihre Waffen ab. Klingt gut - aber ob das auch wirklich passiert, weiß niemand.

In Mazedonien herrscht noch immer eine diffuse Gemengelage, ein Nebeneinander von Waffenstillstand und Verhandlungen, möglichem Terror und möglicher Gegengewalt. Niemand kann ausschließen, dass die Nato-Soldaten zwischen die Fronten geraten, weil beide Parteien insgeheim davon ausgehen, dass die Nato für sie interveniert. Niemand kann ausschließen, dass Mazedonien ein zweites Zypern wird. Dort stehen UN-Blauhelme seit 28 Jahren.

Warum also tun Nato und viele Politiker so, als würde es in Mazedonien um einen Monat Sommerfrische gehen? Darauf gibt es zwei Antworten. Die erste heißt: Es ist eine bewusste Lüge, mit der der Öffentlichkeit suggeriert werden soll, dass es keinen Grund zur Aufregung gibt. Oder aber die Verantwortlichen glauben selbst daran. Und das, nämlich der eigenen Propaganda zu trauen, wäre noch schlimmer.

Warum also soll sich Deutschland an einer derartig schwierigen, unüberschaubaren, riskanten Mission beteiligen, die zudem noch mit falschen Versprechungen und Illusionen durchgesetzt werden soll? Weil es keine plausible Alternative gibt. Wenn Mazedonien auseinanderbricht, können auch die ethnischen Rivalitäten im Kosovo und anderswo wieder wachsen. Das ist keine entlegene Spekulation, sondern ein handfester, pragmatischer Grund. Hinzu kommt die politische Verantwortung des Westens für diesen Kampf. Die UCK gäbe es ohne den Nato-Krieg gegen Jugoslawien so nicht, den Krieg, den die albanischen Kämpfer gegen Skopje führen, auch nicht. Der Westen hat die UCK stark gemacht. Sollen Nato und EU jetzt zuschauen, wie der militante albanische Separatismus Mazedonien zerstört?

Außerdem: Mazedonien ist nicht Kosovo. Die Nato-Intervention in Kosovo war, egal wie man Sinn und Effekt dieses Krieges beurteilt, völkerrechtswidrig. In Mazedonien befürworten beide Konfliktparteien die Präsenz der Nato. Das ist ein Unterschied ums Ganze.

Es gibt also viele gute Gründe für einen Einsatz. Dass er trotzdem für die Soldaten gefährlich ist, ist kein Argument dagegen - wäre er es nicht, würde das Technische Hilfswerk reichen. Von den Regierungen der Nato-Staaten muss man verlangen können, dass sie klipp und klar sagen, dass der Einsatz länger dauern kann. Und ein Risiko ist. Denn noch immer schmuggelt die UCK täglich Waffen vom Kosovo nach Mazedonien.

In Kosovo war die internationale Gemeinschaft viel zu nachgiebig gegen die Separatisten. Die Entwaffnung verlief dort sehr, sehr schleppend, viele UCK-Kämpfer, die schon im Gefängnis saßen, ließ man wieder frei. Die Nato wollte sich mit der UCK arrangieren - nicht, weil sie geheime Sympathien für die großalbanische Idee hegt, sondern aus praktischen Gründen. Wer schickt schon gerne Zinksärge nach Hause? In Mazedonien muss die Nato härter gegen die UCK vorgehen. Sonst bleibt auch der Frieden eine Illusion.

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