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Meinung: Mehr Gelassenheit

Es gibt Niederlagen, die wirken wie ein Triumph - wenn man sie mit Würde trägt. Und es gibt Siege, die hinterher wie Niederlagen aussehen.

Es gibt Niederlagen, die wirken wie ein Triumph - wenn man sie mit Würde trägt. Und es gibt Siege, die hinterher wie Niederlagen aussehen. Der jüngste Streit der Deutschen mit Europa hat gezeigt: Gerhard Schröder ist eher ein Siegertyp. Er hat es offenbar geschafft, den blauen Brief aus Brüssel abzuwenden. Froh wird die Bundesregierung dieses Siegs nicht werden. Ob Maastricht nun zum blauen Brief zwingt oder nicht: Keine Auslegung des Vertrags wird den Eindruck verwischen können, dass ausgerechnet das Land, das die harten Stabilitätsregeln erfunden hat, die doch nicht mehr so ernst nehme, wenn es selbst betroffen ist. Das ist blamabel für Berlin, und es passt schlecht zum Image des neuen, entspannten Deutschland, wenn jetzt in Brüssel ein kleinliches Feilschen darum beginnt, wie man auf die dünne Haut der Deutschen Rücksicht nehmen und die EU-Kommission zugleich ihr Gesicht wahren kann. Viel schlimmer allerdings dürften die Kollateralschäden werden: Als im vergangenen Jahr Irland den ersten Brandbrief aus Brüssel bekam, da regte das kaum jemanden auf. Jetzt ist einer der EU-Großen betroffen und wehrt sich nicht nur dagegen, sondern bekommt auch noch Hilfe von anderen Großen. Wem wollen die später noch Stabilitätsmoral predigen? Hans Eichel war schlauer: Der gab sich, als die ersten Gerüchte über den blauen Brief auftauchten, locker und bedankte sich für das darin enthaltene Lob für seine Stabilitätspolitik.

ade

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