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Meinung: „Mei, Ramses, hast du’s schön“

Der Seufzer (siehe oben) stammt vom Vorgänger und ist, wie so vieles aus dem Mund des Michael Glos, nicht ganz ernst gemeint. Aber ein gutes Stück Wehmut hat den neuen Wirtschaftsminister doch befallen, als er das Amt des CSU-Landesgruppenchefs nach fast 13 Jahren an seinen bisherigen Parlamentarischen Geschäftsführer übergab.

Von Robert Birnbaum

Der Seufzer (siehe oben) stammt vom Vorgänger und ist, wie so vieles aus dem Mund des Michael Glos, nicht ganz ernst gemeint. Aber ein gutes Stück Wehmut hat den neuen Wirtschaftsminister doch befallen, als er das Amt des CSU-Landesgruppenchefs nach fast 13 Jahren an seinen bisherigen Parlamentarischen Geschäftsführer übergab. Wenig andere Posten im politischen Berlin verschaffen so viel Einfluss und Unabhängigkeit zugleich. Für den Sachwalter der CSU-Interessen ist taktisch dosierte Aufsässigkeit geradezu erste Amtspflicht.

Ramsauer hat das lange aus nächster Nähe verfolgen können, beim traditionellen „weiß-blauen Stammtisch“ in der Bayern-Vertretung, an dem der jeweilige Landesgruppenchef nunmehr seit Jahrzehnten den geladenen Journalisten zur Weißwurst freche Zitate und dezente Hinweise darauf liefert, was wo in der Union und in der Regierung nach Meinung der CSU-Abgeordneten anders laufen könnte, als es läuft. Da der fränkische Müllermeister Glos sich zum Meister der Zweideutigkeit entwickelt hat, tritt der Chiemgauer Müllermeister Ramsauer kein leichtes Erbe an. Aber die ersten Kostproben lassen darauf schließen, dass die Lehrjahre gefruchtet haben. „Jetzt beginnt die Bewährungsfrist“, hat Ramsauer am Donnerstag über schwarz-rote Eingewöhnungsschwierigkeiten ins Großkoalitionäre gesagt, „und vielleicht“ – kurze Denkpause – „endet sie nie.“

Tatsächlich ist der Mann mit dem Wahlkreis rund um Watzmann und Chiemsee ein alter parlamentarischer Fuchs. Als Sozialpolitiker seit 1990 im Bundestag, seit 1998 als Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU in allen Entscheidungsgremien. Schon in dieser Funktion hatte er darauf zu achten, dass die CSU-Landesgruppe über ihr zahlenmäßiges Gewicht hinaus gehört wird. In der großen Koalition wird das schwieriger, aber umso notwendiger. „Man sollte nicht unbedingt auf den Fraktionsvertrag verweisen müssen“, mahnt Ramsauer vorsorglich. Der räumt der CSU im äußersten Gewissensfall sogar das Recht ein, im Bundestag gegen den CDU-Teil der Fraktion zu stimmen.

Angewandt haben die CSU-Abgeordneten das Sonderrecht noch nie. Zumal die christsozialen „Berliner“ meist den CDU-Kollegen näher sind als den eigenen „Münchnern“. Auch diese Balance zu halten, zählt zu Ramsauers Aufgabe. Dass der Obermünchner Edmund Stoiber derzeit kein Schwergewicht ist – mei, Ramses, hast du’s schön!

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