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MEIN Blick: Als Citoyen handeln, nicht als Bourgeois! Die Aussperrung von Bürgern ist unmoralisch

Eigentum verpflichtet, heißt es im Grundgesetz. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

Eigentum verpflichtet, heißt es im Grundgesetz. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. In der Finanzkrise haben wir lernen müssen, dass das nur schlecht zusammen geht. Verpflichtet wurde der Steuerzahler und das Wohl der Allgemeinheit übersetzt sich bei systemrelevanten Banken mit unbegrenzter öffentlicher Nachschusspflicht und Verstaatlichung von Verlusten.

Was im Großen nicht funktioniert, hat auch im Kleinen kaum Chancen. Erst haben private Eigentümer in Potsdam den Weg um den Griebnitzsee gesperrt, jetzt haben sich Anrainer des Groß Glienicker Sees deren Erfahrung zum Vorbild genommen: Das Wohl der vielen, einen Weg, den es seit Jahren gibt, zu benutzen, wird hinter private finanzielle Interessen zurückgedrängt. Denn ein Grundstück ohne Wegerecht ist natürlich wertvoller als eines mit Wegeverpflichtung. Und um es nicht nur an diesen beiden Wegen aufzuhängen: Am Heiligen See hat der Eigentümer des beliebten Restaurants „Villa Kellermann“ dem Pächter gekündigt und lässt das Haus nun verfallen.

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich bin für unsere private Eigentumsordnung und halte sie allen anderen für überlegen, getreu dem berühmten Churchill-Wort, dass die Demokratie die schlechteste aller Ordnungen mit Ausnahme jeder anderen ist. Und ich weiß auch, dass die Stadt sich im Falle der Ufergrundstücke am Griebnitzsee töricht und kleinlich verhalten, also juristisch getrickst statt entschädigungsrelevant enteignet hat.

Nur es geht hier nicht um Juristerei, sondern um Moral. Wie soll man gegenüber denen, die nicht das Glück haben, an einem Potsdamer See zu wohnen, unsere Ordnung verteidigen, wenn sie das Gefühl haben, Stück für Stück von den Schönheiten ausgeschlossen zu werden, die einen mit Zäunen und Barrikaden, die anderen mit Verfall ohne sinnmachende Alternative. Wenn der Eigentümer der Villa Kellermann selbst einziehen wollte – chapeau – das ist sein gutes Recht und unsere Ordnung.

Was mich ärgert, ist die juristisch korrekte, aber moralisch zweifelhafte Aussperrung von vielen zugunsten von niemandem oder eines virtuellen geldwerten Vorteils halber. Dass es auch anders geht, beweisen in Potsdam ein berühmter Fernsehmoderator und ein bekannter Verleger. Sie sanieren denkmalgeschützte Gebäude und führen sie wieder öffentlichen Nutzungen zu. Sie handeln, wie man handeln sollte, als Citoyen, nicht als Bourgeois.

Hoffentlich müssen die anderen, großen Banker und kleinere Gründstückseigentümer nicht eines Tages bereuen, dass sie unsere Ordnung nicht moralisch verteidigt haben als es noch preiswert und vor allem sinnvoll gewesen wäre. Denn die Demokratie lebt von der Zustimmung der gebeutelten Steuerzahler wie derjenigen, die in Potsdam ausgeschlossen wurden, als Spaziergänger wie als Restaurantbesucher.

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