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Meinung: „Meine Strategie fürs Weiße Haus wurde gestohlen“

Für die nächsten Tage hatte Amerika seine offizielle Bewerbung um die Präsidentschaft 2008 erwartet, unter unerwartet günstigen Umständen: In ersten Umfragen unter Republikanern liegt Rudy Giuliani überraschend vorn. Sein besonnenes Auftreten als New Yorks Bürgermeister nach dem Terrorangriff 2001 hatte ihn zu einem Nationalhelden gemacht.

Für die nächsten Tage hatte Amerika seine offizielle Bewerbung um die Präsidentschaft 2008 erwartet, unter unerwartet günstigen Umständen: In ersten Umfragen unter Republikanern liegt Rudy Giuliani überraschend vorn. Sein besonnenes Auftreten als New Yorks Bürgermeister nach dem Terrorangriff 2001 hatte ihn zu einem Nationalhelden gemacht. Doch sein Rennen ums Weiße Haus könnte enden, ehe es richtig begonnen hat. Seine Wahlkampfstrategie, 140 Seiten, wurde aus dem Koffer eines Mitarbeiters gestohlen. Die wichtigsten Punkte konnte man nun in New Yorks Zeitungen nachlesen, auch die potenziellen Schwachpunkte seiner Kandidatur, die seine Gegner zur Sprache bringen würden: Skandale um seinen früheren Polizeichef Bernard Kerik, die Affäre mit seiner späteren dritten Frau Judith Nathan, die noch während seiner zweiten Ehe mit Donna Hanover begonnen hatte und einen heftigen Scheidungskrieg nach sich zog.

Und die Sorgen um seine Gesundheit: Die Bewerbung um einen Senatssitz 2000 – gegen die Demokratin Hillary Clinton – hatte er abgebrochen, als Prostatakrebs diagnostiziert wurde. Ein mögliches Duell Clinton – Giuliani 2008 bewegt seit Wochen die Gemüter.

Doch nun erntet der 62-Jährige, der New York als Generalstaatsanwalt von der Mafia gesäubert hatte und nach den Bürgermeisterjahren eine einträgliche Firma für Sicherheitsberatung aufbaute, viel Spott. „Kaum zu glauben, dass ein Sicherheitsexperte sich so dämlich beklauen lässt“, lästert John Weaver, Wahlkampfchef des Hauptkonkurrenten in der Republikanischen Partei, John McCain.

Das Giuliani-Lager spielt die Panne herunter: Überholt sei das Papier; es sei im Oktober entwendet, kopiert und zurückgelegt worden. Im Übrigen enthalte es nur persönliche Ratschläge eines Mitarbeiters, nicht die wahre Strategie. In der Tat haben sich einige der genannten potenziellen Finanzstützen einer Giuliani-Kampagne inzwischen für McCain erklärt. Solche Details zeigen aber auch: Das Dokument ist vielleicht veraltet, aber authentisch, nicht Kunstprodukt eines böswilligen Konkurrenten. Es gibt auch Einblick, wie frühzeitig Präsidentschaftsbewerber ihre Kampagnen planen – mehr als zwei Jahre vor der Wahl – und wie teuer die werden: 100 Millionen Dollar müsse Giuliani allein 2007 sammeln, sonst sei er chancenlos. Denn es „stehen auch 100 Millionen Dollar gegen uns, um unsere Schwächen zu verbreiten“.

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