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Meinung: „Meine Tat reut mich unendlich“

Slobodan Milosevic ist nicht mehr dazu gekommen, seine Stiftung für interreligiösen Dialog zu gründen. Aber wenigstens können sich Verbrecher wie der Vergewaltiger der 13-jährigen Stephanie in Zukunft ehrenamtlich betätigen: bei jener „Stiftung zugunsten jugendlicher Verbrechensopfer“, die der 31-jährige Jurist Magnus Gäfgen aus dem Gefängnis heraus gründen darf.

Slobodan Milosevic ist nicht mehr dazu gekommen, seine Stiftung für interreligiösen Dialog zu gründen. Aber wenigstens können sich Verbrecher wie der Vergewaltiger der 13-jährigen Stephanie in Zukunft ehrenamtlich betätigen: bei jener „Stiftung zugunsten jugendlicher Verbrechensopfer“, die der 31-jährige Jurist Magnus Gäfgen aus dem Gefängnis heraus gründen darf.

Gäfgen ist zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er 2002 in Frankfurt am Main den elfjährigen Jakob von Metzler entführt und ermordet hatte. Er kennt sich mit jugendlichen Verbrechensopfern also zweifellos gut aus. Und gegen die ursprünglichen Einwände der zuständigen Aufsichtsdirektion, eine solche Gründung sei sittenwidrig, hat sein Anwalt erfolgreich Einspruch eingelegt. Die Zivilgesellschaft kann sich also, nach eingehender Prüfung der Rechtslage, über eine weitere Stiftung freuen, für die sie keine Verwendung hätte, wenn es Menschen wie Magnus Gäfgen nicht gäbe. Jugendliche davor zu schützen, Opfer zu werden, übersteigt vermutlich ohnehin die Möglichkeiten einer Stiftung.

Dass diesem Ansinnen so früh nach der Tat ein abstoßender Täterstolz anhaftet, liegt nicht zuletzt an der sachlichen Großkotzigkeit, mit der auf der Internetseite magnus-gaefgen.de über die Tat und die Nachwirkungen berichtet wird: „Kein Fall in der deutschen Kriminalgeschichte hat größeres Aufsehen erregt.“ Sein eigenes Opfer kann Gäfgen nicht mehr schützen, aber wenigstens dessen Angehörige davor, immer wieder von dem Täter zu hören. Allein die juristisch-mediale Geschäftigkeit, die um ihn herum existiert, lässt Zweifel zu an der Wandlung vom markengeilen Saulus zum Paulus des Ehrenamts.

Im Kopf eines Mörders gehen die Dinge anders zusammen und vielleicht ist die Gründung dieser Stiftung ein echter Akt der Reue, wie Gäfgens rühriger Anwalt nicht müde wird zu betonen. Doch die Form der Resozialisierung richtet sich selten allein danach, wie es im Kopf des Mörders aussieht. Und sollte er nur dadurch resozialisiert werden können, dass er im Vorstand einer Stiftung sitzt, dann bleibt er auch mitten in der Bürgergesellschaft ein Problemfall.

Die Griechen haben Straftäter ins Exil geschickt: Die Zumutung, die ihre Existenz für eine Gesellschaft darstellte, war so für eine Weile aus der Welt geschaffen. „Wie sonst soll er seiner Reue Ausdruck verleihen“, fragt Gäfgens Anwalt. Ganz einfach: Indem er nicht von sich reden macht.

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