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Angela Merkel und Peer Steinbrück mögen in manchen Wahlkampf-Thema verschiedene Meinungen vertreten. Doch wenn es um steigende Mietpreise geht, zeigen sie Einigkeit.

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Merkel und Steinbrück auf Wählerfang: Beim Thema Mieten ungewohnt einig

Abermals rückt die CDU näher an die SPD heran: An das Thema steigende Mieten und Wohnungsnot will jetzt nämlich auch Merkel ran. Aber was bezweckt die Kanzlerin mit dem Seitenwechsel?

Es ist ihr vorerst letzter Streich: Wieder hat Kanzlerin Angela Merkel ein großes Thema für sich reklamiert, das zuvor der Opposition Auftrieb gegeben hatte. Jetzt sagt auch sie, sie kämpfe gegen steigende Mieten und Wohnungsnot. Die Immobilienverbände heulen auf und das marktliberale Lager der CDU hält den befürchteten Eingriff in den Markt – die Deckelung von Mieten – für einen Tabubruch. Aber dieser Wahlkampf wird in den Städten entschieden. Und wenn es ein Thema gibt, das die Bewohner fast aller deutschen Metropolen bewegt, ja sogar ängstigt, dann sind es die steigenden Mieten. Denn die Einkommen steigen längst nicht so schnell wie diese.

Die CDU hat die Mieten im Wahlkampf entdeckt

Mit Merkels wundersamer Wandlung haben die Christdemokraten nicht nur die Seiten gewechselt, indem sie Mietern den Rücken stärken statt wie bisher den Eigentümern. Der Fischzug in der urbanen Wählerschaft dient auch der Erneuerung der CDU. Sie will sich für die Zukunft wappnen, denn nur noch die Städte wachsen. Sie sind der Ort, wo Jobs entstehen und junge Familien hinziehen. Abermals rückt die CDU näher an die SPD heran, das nährt Spekulationen über eine große Koalition. Zumal diesem großen Bündnis am ehesten die Durchsetzung wichtiger Reformprojekte zugetraut wird.

Experimente wie dieses, eine real existierende große Koalition – in Berlin, der größten Stadt im Land, gibt es sie schon. Und wer heute durch Kreuzberg oder Friedrichshain geht, kann an den Graffiti von Häuserwänden oder den Zetteln von Lichtmasten ablesen, dass hier der – gefühlt – härteste Kampf um Wohnraum und Mieten ausgetragen wird. Dass mit diesem Thema in Wahlen gepunktet werden kann, hatte Berlins CDU-Chef Frank Henkel schon vor zwei Jahren gezeigt, vor dem Urnengang für das Abgeordnetenhaus. Auf Wahlplakaten versprach er, die Union werde den Kampf gegen hohe Mieten aufnehmen. Wohl auch deshalb fuhr der Parteichef ein respektables Ergebnis für die lange als nicht regierungsfähig geltende Berliner CDU ein.

Angela Merkel signalisiert Verständnis, mehr aber auch nicht

Wie stark nun Parteifreundin Merkel die Mietenbremse anziehen will, das lässt sie im Ungefähren, wie so vieles in ihrem faden Wahlkampf. Festgelegt hat sich Peer Steinbrück, der ihr den Platz im Kanzleramt streitig macht: Er drückt aufs Tempo, im 100-Tage-Programm steht das Thema Mieten weit oben. Doch wenn er da mal nicht aus der Kurve getragen wird: Wer die Mieten für neu abgeschlossene Verträge gesetzlich begrenzen will, setzt Investitionen aufs Spiel und gefährdet außerdem noch die energetische Sanierung des Wohnungsbestandes, ohne die die Klimaziele der Bundesregierung kaum zu erreichen sein werden.

Daher ist mit einem Schnellschuss niemandem gedient und deshalb ist Merkels Strategie klug: Sie signalisiert Verständnis für die Nöte der Menschen, aber mehr als eine warmherzige Absicht ist diese Erklärung nicht. Ob die angekündigte Mietenbremse wirklich wirkt, wenn Verbände und Lobbys nach der Wahl ihr Werk getan haben werden?

Dass die Tücken im Detail liegen, zeigt sich in Berlin. Seit zwei Jahren herrscht im sozialdemokratisch geführten Senat Streit um die Waffen im Kampf gegen die Wohnungsnot. Damit erweisen Berlins Genossen ihrem Kanzlerkandidaten einen Bärendienst. Mit diesem Beispiel wird es kaum gelingen, unentschlossene Wähler für die SPD zu gewinnen. Dabei sind sie Steinbrücks letzte Chance.

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