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Meinung: Metamorphosen

Was will Merkel? Regieren, na klar! Und die CDU muss sehen, wo sie bleibt

Eigentlich ist doch alles prima, werden die Merkelianer sagen. Mutter Staat liegt mit ihrer Partei so gut in der Wählergunst, dass sie mit der FDP zusammen regieren kann; mehr als 50 Prozent sind es, und es werden wohl noch mehr. So sagen sie und meinen: Und die Kanzlerin hat doch recht.

Die Kanzlerin – das kann sein. Angela Merkel, präsidial, pragmatisch, technisch, wie auch immer, die tut allen wohl und keinem wehe. Und dann redet sie auch noch leise, das mögen die Deutschen. Keinen Lärm, keinen Streit, das kommt an. Meinungsstreit – um Gottes willen! Dass Demokratie kein Gesangverein Harmonie sei, ist auch nur eine Behauptung, jedenfalls seit Merkel.

Dabei muss aber Staunen erlaubt sein. Partei heißt, Teil vom Ganzen zu sein. Deswegen ist sie aufgerufen, deutlich zu machen, für was sie gewählt werden will. In diesem Fall geht es um CDU pur. Wofür will sie die Stimmen haben, die Macht, und von ihren Vor stellungen will sie dann möglichst viel, je nach Wahlergebnis, in der Regierung durchsetzen. Theoretisch? Nein, ganz praktisch ist es das, was eine Partei braucht, um sie selbst zu sein und nicht schleichend eine andere zu werden.

Die CDU ist aber unter Merkel auf dem Weg dazu. Kanzlerinnenwahlverein, das ist das Wort, das es trifft und hoffentlich auch viele Mitglieder in ihrem Selbstbehauptungswillen. Denn wenn das so weitergeht, dann geht es um ihre Identität. Die Christlich-Demokratische Union hätte sowieso schon besser vor geraumer Zeit das C für Christlich abgeben sollen. Würde nämlich das christliche Menschenbild ihre Politik geleitet haben in den vergangenen Jahren, wäre es nie zu solch absurden Beschlüssen wie weiland in Leipzig gekommen, als sich die CDU wie die Turbo neoliberalen, wie die härteren Marktradikalen aufführte. Übrigens unter Merkel.

Diese Merkel gibt es nicht mehr. Früher hieß es, dass Joschka Fischer zu Radikalmetamorphosen neige, zu Totalverwandlungen. Radikal geht es bei Merkel nie zu, aber die schleichenden Veränderungen führen auch zu einem ganz anderen Bild von ihr. Sie erinnern daran, dass einmal eine Abgeordnete in der Unionsfraktion rügte, sie wolle keine Gesundheitspolitik à la DDR; womit sie Merkel meinte, die sich auf die Gesund heits politik in einer Weise gestürzt hat, dass Ministerin Ulla Schmidt von der SPD sie geradezu als Lebensversicherung verstehen kann.

Und nun das Wirtschaftspaket. Unvorstellbar noch vor Wochen. Wie wurde der Konservative Nicolas Sarkozy gerügt, weil er eine Teilverstaatlichung von Unternehmen in Not erwog. Heute gilt der Adenauer’sche Satz: Was schert mich mein dummes Geschwätz von gestern. Heute wendet sich die CDU von Ludwig Erhard ab und dem Semisozialismus zu, ohne mit der Wimper zu zucken. Das Ahlener Programm von 1947, das wär es doch jetzt! Oder DDR light? Und die CDU wird zur SDU. Übrigens, Merkel hat einmal auf die Frage, was sie in der Union werden wolle, gesagt: Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung. Das ist aber auch schon Jahre her.

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