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Michael Müller, Berlins SPD-Vorsitzender.

© dpa

Michael Müller: "Thilo Sarrazin gehört nicht mehr zu uns"

Michael Müllers Domäne sind pragmatische Konsensformeln, doch nun hat Berlins SPD-Vorsitzender mindestens zwei dringende Probleme zu lösen. Das eine davon ist Thilo Sarrazin.

Wer bei Google „Michael Müller“ eingibt, der stößt erst auf einen Reiseführerverlag und einen rechtsextremen Liedermacher, bevor der Landesvorsitzende der Berliner SPD erscheint; beim Aufruf „Michael Müller SPD“ stößt man zunächst auf einen Bundestagsabgeordneten aus NRW. Diese Stichprobe ist nicht verlässlich, zeigt aber, dass der Berliner Michael Müller, immerhin sechs Jahre lang im Amt, nicht zu den dominierenden Urenkeln seiner Partei gehört. Man könnte auch sagen: Er ist weitgehend unbekannt geblieben im Schatten Wowereits, könnte vom Habitus dessen Stabschef sein.

Es deutet indessen vieles darauf hin, dass der 45-jährige gelernte Drucker auch kein großes Interesse hat, stärker ins Rampenlicht zu rücken. Wenn er sich überhaupt in der Öffentlichkeit dezidiert äußert, dann meist in einer Richtung, die weniger durch Profilsuche als durch Übereinstimmung mit der mutmaßlichen Mehrheitsmeinung der Parteigranden auffällt. Folglich hat er auch in der Sarrazin-Affäre ohne übermäßig viel inhaltliche Aussagen für einen „Schlussstrich“, also den Parteiausschluss plädiert, weil Sarrazin mit seinen falschen Aussagen zur Migration viel kaputt gemacht habe: „Er gehört nicht mehr zu uns.“

Dieser Hang zum pragmatischen Mezzoforte unterscheidet ihn von Klaus Wowereit, der das Thema Integration lange Außenseitern wie Heinz Buschkowsky überließ, bevor er es dann doch ruckhaft (und bislang folgenlos) zur Chefsache ernannte. Müllers Domäne sind pragmatische Konsensformeln, die die Existenz eines Problems allenfalls durchscheinen lassen.

Allerdings hat er nun doch mindestens zwei dringende Probleme zu lösen. Das eine besteht darin, den Ausschluss Sarrazins gegen die mutmaßliche Mehrheit der Wähler und gegen zahlreiche Mitglieder seiner Partei durchzusetzen. Ein solcher Ausschluss wird Stimmen kosten, und das schwächt die SPD im Kampf gegen das andere Problem, den absehbaren Angriff von Renate Künast auf den Chefsessel im Roten Rathaus; ihre Grünen dürfen es sich ja als einzige Partei integrationspolitisch im Status quo gemütlich machen.

Eine klare Strategie gegen diese Bedrohung hat die Berliner SPD noch nicht gezeigt. Aber es scheint durchaus denkbar, dass Michael Müller dereinst, pragmatisch wie immer, eine SPD-Juniorpartner-Partei in die Verhandlungen mit dem größeren grünen Partner führt. Bei Wowereit ist das längst nicht so sicher.

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