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Meinung: Michel Friedman: Recht einfach gemacht

Zwei Rechte prallen aufeinander: Das des einen, frei seine Meinung zu äußern, auch wenn sie in ätzender Kritik an der Person des anderen besteht. Und das Persönlichkeitsrecht des anderen, zu dessen Schutzbereich auch seine Menschenwürde und seine Ehre gehören.

Zwei Rechte prallen aufeinander: Das des einen, frei seine Meinung zu äußern, auch wenn sie in ätzender Kritik an der Person des anderen besteht. Und das Persönlichkeitsrecht des anderen, zu dessen Schutzbereich auch seine Menschenwürde und seine Ehre gehören. Beide stehen in engem Zusammenhang: Je mehr als Meinungsäußerung durchgeht, desto kleiner wird der Bereich, in dem Beleidigungen möglich sind. Dann kommt der Einzelfall, und das Gericht muss abwägen. Das Landgericht Kempten hat es sich dabei recht einfach gemacht. Als "Zigeunerjuden" hatte der ehemalige Republikanerchef im Oberallgäu, Hermann Josef Reichertz, den Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, bezeichnet. Friedman stellte Strafantrag. In erster Instanz wurde Reichertz verurteilt, in zweiter Instanz freigesprochen. Denn: "Zigeuner" und "Jude" seien neutrale Begriffe. Also könne das zusammengesetzte Wort ja keine Beleidigung sein. Das Gericht missbillige zwar die Äußerung, halte sie aber für eine zulässige Meinungsäußerung. Ein wenig naiv mutet diese Erklärung schon an. Friedmans These, Reichertz habe die beiden schlimmsten Dinge, die er kennt, zu einem Schimpfwort zusammengezogen, hat das Gericht offenbar nicht erwogen. Oder doch? Das wird frühestens in zwei Wochen zu erfahren sein: Der Richter ist nach der Verkündung erstmal in Urlaub gefahren. Die Begründung kommt später, politischer Instinkt wohl nie.

fk

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