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Mehr Wohnungen sollen in zentralen Plätzen Berlins gebaut werden - für die Berliner, nicht für Touristen.

© dpa

Mietspiegel für Berlin: Wohnungen als Mangelware

Die Kosten im Berliner Mietspiegel steigen um überschaubare 3,1 Prozent. Grund zur Entwarnung gibt es aber nicht: Wer zurzeit eine Wohnung sucht, muss tief in die Tasche greifen.

Für Scharfmacher sind das keine guten Neuigkeiten. Um überschaubare 3,1 Prozent stiegen die Kosten für das Wohnen in Berlin jährlich seit 2011. Das liegt kaum über dem allgemeinen Preisanstieg. Benzin und Bahnfahrkarten, Brot und Gemüse werden auch teurer – warum sollte es bei den Mieten anders sein. Alles halb so wild mit der Wohnungsnot?

Keineswegs, denn diese Zahlen stammen aus dem neuen Mietspiegel und der reflektiert lediglich die Preise aus Verträgen, deren Mieten in den vergangenen vier Jahren verändert wurden. Auch die 200-Quadratmeter-Wohnung mit Stuckdecken und Stabparkett am Olivaer Platz, die der Wehrdienstverweigerer in „Westberlin“ vor 25 Jahren für umgerechnet 400 Euro gemietet hatte, wird da mitgerechnet, selbst wenn deren Mieter, heute in fester Anstellung, nur ein paar Euro mehr bezahlt. Um es deutlich zu sagen: Wer jetzt eine Wohnung sucht, wird ohne Tricks oder Tipps nur mit ganz viel Glück eine finden zum durchschnittlichen Mietspiegel-Preis von 5,54 Euro je Quadratmeter, nettokalt.

Und dafür muss man ihn auch mal loben, den Senator für Stadtentwicklung Michael Müller (SPD): Dass er dem üblichen Reflex des Politprofis widersteht, sich den etwas gebremsten Anstieg der Preise im Mietspiegel als eigene Leistung ans Revers zu heften. Er nimmt ihn auch nicht als Anlass zur Entwarnung. Schlecht gelohnt haben es ihm die Aktivisten aus Kreisen der Mieterinitiativen, die mit scharfen Parolen die Vorstellung des neuen Mietspiegels sprengen wollten. Sie schwingen sich zum Sprachrohr jener auf, deren Wohnung in der Innenstadt geräumt wird, weil sie die Mieten nicht mehr bezahlen können.

Auch das gehört zur Realität dieser Stadt: Dass Berlin zum brodelnden Zentrum der neuen Kreativen geworden ist – und deren Existenz auch abhängt von einer Wohnung mittenmang, wo Projektmacher und Netzwerker beiläufig oder auf Zuruf zusammenkommen. Dafür gehen sie oft an die Grenzen ihres eigenen Budgets – viele von ihnen zählen selbst zum digitalen Prekariat – und verdrängen wiederum Minijobber und Aufstocker, viele davon Migranten.

Weil die Stadt wächst, werden Wohnungen im Zentrum zur Mangelware und auch „einfache“ Lagen plötzlich begehrt: 1700 Adressen in der Stadt hat der neue Mietspiegel aufgewertet – und diese dürfen künftig gleichsam sprunghaft teurer vermietet werden. Überdurchschnittlich gestiegen sind auch die Mieten von Altbauten in guten Wohnlagen. Kurzum, es wird eng in Berlin. Und der letzte Trumpf, die im bundesdeutschen Vergleich billigen Mieten, sticht nicht mehr. Zahlen des F+B-Instituts zufolge hat die Hauptstadt aufgeschlossen. Nur bei den Einkommen nicht.

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