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Militanz in Europa: Der Protest radikalisiert sich

Paketbomben aus Griechenland, Brandanschläge auf die Berliner S-Bahn, Thüringer Neonazis auf der Suche nach Plastiksprengstoff. Der Protest radikalisiert sich auch bei uns.

Von Frank Jansen

Paketbomben aus Griechenland, ein Brandanschlag auf die Berliner S-Bahn, Thüringer Neonazis auf der Suche nach Plastiksprengstoff, Islamisten, die Videos von der Ausbildung kleiner Kinder zum bewaffneten Kampf verbreiten – das sind nur einige der Nachrichten aus diesem Herbst, die von wachsender Militanz an den politischen Rändern im In- und Ausland künden. Bezieht man die schweren Angriffe vor allem linker Autonomer aus dem vergangenen Jahr mit ein, erinnert sei nur an den Angriff mit Brandsätzen und Steinen auf die Hamburger Polizeiwache und die vielen brennenden Autos in Berlin, erscheint die Sorge berechtigt, es drohe gerade auch in Deutschland ein neuer Terror, neben dem militanten Islamismus. Die Gefahr nimmt jedenfalls zu, dass linke und rechte Extremisten in ihrem Hass auf den politischen Gegner und auf die Polizei und diesen Staat überhaupt in einen komplett irrationalen und mörderischen Aktionismus abdriften.

Schon seit einiger Zeit sondern sich bei Autonomen und Neonazis Milieus ab, die bereits für weniger gewaltbereite Gesinnungsgenossen kaum noch zu erreichen sind. Auch wenn die Brandanschläge auf Autos in Berlin nachgelassen haben, scheint doch der Protest gegen die „Gentrifizierung“ ärmerer Stadtteile ein Milieu hervorgebracht zu haben, das den linksextremen Paketbombern in Griechenland zumindest im Geiste ziemlich nahe steht. Wer Brandflaschen wirft, ist von der Rohrbombe nicht weit entfernt. Bei den Neonazis gibt es ähnliche Tendenzen. Die „Autonomen Nationalisten“ – der Name verweist schon auf die gewollte Ähnlichkeit mit dem Auftreten linksautonomer Streetfighter – verehren Terroristen der RAF, attackieren brutal Polizisten und Linke und sind selbst der NPD suspekt.

Die griechischen Paketbomben, so ist zu befürchten, könnten linke und rechte Extremisten in Deutschland und anderen Staaten Europas zu Nachahmertaten animieren. Eine Eskalation politisch motivierter Gewalt ist nicht auszuschließen. Glücklicherweise gibt es keine Geheimdienste mehr, die wie einst die Stasi Terroristen unterstützen. Die Militanz von Extremisten gedeiht aus sich selbst heraus, aus individuellen Schieflagen in Verbindung mit einer fanatischen Interpretation sozialer Probleme. Deutschland ist da von Griechenland nicht weit entfernt.

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