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Meinung: Mit Herz und Gesetz

Von Hans Monath

Otto Schily ist kein Fantast. Der Innenminister wird kaum damit rechnen, dass sein Vorschlag zum Umgang mit Flüchtlingen, die nach Jahren in Deutschland von Abschiebung bedroht sind, den Wahlausgang im Herbst beeinflusst. Schily setzt ein starkes humanitäres Signal, wenn er seine mehrheitlich christdemokratischenchristsozialen Länderkollegen auffordert, einem Bleiberecht für Jugendliche zuzustimmen. Er ist in der Koalition der Garant einer entschiedenen, harten Innenpolitik. Nun verlangt er ein Herz für hier integrierte Kinder von Flüchtlingsfamilien. Auf Verständnis der Bürger kann er dabei bauen: Immer wieder wehren sich Schulklassen mit ihren Eltern gegen die Abschiebung von Klassenkameraden. Die CDU- und CSU-Minister müssen sich deshalb schon besonders hartleibig zeigen, wenn sie sich dem Plan verweigern würden.

Die Innenpolitik der Union steht nun vor der Wahl, dem Gebot praktischer Vernunft nachzugeben oder doch ein Signal der Härte zu setzen. In Zeiten sozialer Verunsicherung scheint die Versuchung zu Letzterem groß. Anders sind Ankündigungen, wonach die Union die Zuwanderung zum Wahlkampfthema machen werde, nicht zu verstehen. Zur Disposition steht dabei nicht weniger als eine historische Leistung der Koalition: In der Zuwanderungs- und Integrationspolitik hat Rot-Grün das Land einen großen Modernisierungsschritt vorangebracht, weg von dem deutschen Sonderweg eines ethnischen Staatsbürgerrechts hin zu einem modernen Konzept von Nation. Schon bei der Reform des Staatsbürgerrechts in der ersten Legislaturperiode stimmten von den Bürgerlichen zumindest die Liberalen zu, die so die Mehrheit im Bundesrat sicherten. Das Zuwanderungsgesetz in der zweiten Amtszeit kam dann nur mit Hilfe der Union zustande – als Kompromiss, getragen von breitem gesellschaftlichen Konsens. Wer ankündigt, dahinter zurückzugehen, richtet politischen Schaden an. Selbst dann, wenn hinter seiner Drohung kein echter politischer Wille steht.

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