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Meinung: „Mit mir einen Film …

… zu machen ist einfacher, als einen Film von mir anzusehen.“ Kaum zu glauben: Der Meister hat Humor.

… zu machen ist einfacher, als einen Film von mir anzusehen.“

Kaum zu glauben: Der Meister hat Humor. Und sogar Selbstironie. Michael Haneke weiß, dass seine Werke schwere Kost sind. Dass sie das Publikum in glühende Bewunderer seiner Strenge und feurige Verächter seiner filmvolkserzieherischen Anwandlungen teilen. Dass man immer leidenschaftlich über sie diskutiert. Und hat seinen Spaß daran.

Nach der Palmenverleihung in Cannes hat der in München gebürtige und in Paris wahlbeheimatete Österreicher eigentlich besonders gut lachen. Die Jury hat ihm für „Caché“ den Regiepreis zuerkannt – nach dem Großen Preis der Jury 2001 für „Die Klavierspielerin“, sein bislang größter Kinoerfolg. Andererseits: Für die Kritiker und viele Filmfans galt er lange als der sichere Festivalsieger, bis ihm die belgischen Brüder Dardenne die Goldene Palme vor der Nase wegschnappten. Haneke kommentiert’s auf seine Weise: „Ein Zufall, wie jede Jury-Entscheidung“. Aber ein respektabler.

Der Regisseur, in Cannes mit seinen 63 Jahren der Veteran unter den Wettbewerbsteilnehmern, ist der unbarmherzigste Moralist des Gegenwartskinos. Mit seiner „Trilogie der emotionalen Vereisung“ („Der siebente Kontinent“, „Benny’s Video“, „71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls“) begann er nach Jahren als Journalist, Theater- und Fernsehregisseur 1989 seine Kino-Karriere und machte sich sogleich als Gewaltkritiker einen Namen. „Funny Games“ (1997) war sein bis heute heftigster Schocker: Die Geschichte zweier stets gut gelaunter junger Männer, die eine Familie aus purer Lust an der Grausamkeit zu Tode terrorisieren, veränderte bei vielen Kinogängern das Verhältnis zu Gewaltbildern grundsätzlich. Der Film des Belehrungs-Maniacs Haneke wirkt wie eine Art Serum, das den Ekel vor unmotivierten Gewaltbildern jederzeit aktiviert.

Ein bisschen sanfter mag der weißbärtige Intellektuelle mit dem immer etwas spöttischen Blick mittlerweile geworden sein – und treibt doch seine cineastischen Versuchskaninchen nach wie vor in zumindest psychologisch extreme Situationen. „Caché“ (französisch: versteckt) macht da keine Ausnahme. Daniel Auteuil und Juliette Binoche – neben Isabelle Huppert eine Lieblingsschauspielerin Hanekes – spielen ein Ehepaar, das von anonym zugesandten Videos terrorisiert wird. Bald kommt ein verdrängtes Kindheitserlebnis zum Vorschein, und das Geschehen reißt einen Menschen in den Tod. Vieldiskutierte Preisfrage in Cannes: Wer ist der Täter, der Auslöser dieses Vergangenheitsbewältigungsdrangs? „Ich habe mir viel Mühe gemacht, viele Möglichkeiten anzubieten“, sagt Haneke. „Da wäre es doch kontraproduktiv, diese jetzt wieder einzuschränken.“ Keine Frage: Wenn der Mann an etwas Spaß hat, dann am Hintersinn.

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