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Ein syrische Paar kauert vor verhüllten Leichen. Nach Oppositionsangaben starben die Menschen bei einem Giftgaseinsatz der Armee.

© AFP

Möglicher Chemiewaffeneinsatz in Syrien: Waffeninspekteure brauchen volle Unterstützung des UN-Sicherheitsrats

Syrische Oppositionelle klagen das Regime in Damaskus an, bei einem Giftgasangriff hunderte Menschen getötet zu haben. Die Armee weist die Vorwürfe zurück und beschuldigt die Rebellen. Nur die UN-Inspekteure könnten jetzt Klarheit schaffen, doch dazu brauchen sie Unterstützung.

Niemand kann bisher mit Gewissheit sagen, was am Mittwoch nahe Damaskus passiert ist. Zwar ist klar, es hat eine groß angelegte Aktion des syrischen Militärs gegeben. Diese Berichte weist die Armee nicht zurück, wohl aber den Vorwurf vieler Oppositionsgruppen, sie habe dabei Giftgas eingesetzt.

Die Videos, die am Mittwoch von Oppositionsgruppen ins Netz gestellt wurden, sind furchtbar. Zivilisten, Männer, Frauen und immer wieder Kinder sind zu sehen, die leblos auf dem Boden liegen oder sich mit Schnappatmung oder Krämpfen auf Bahren winden. Der Wirkung dieser Bilder dürfte sich kaum jemand entziehen können. Chemiewaffenexperten aus unabhängigen Laboren sind nach der Sichtung des Materials der Ansicht, dass diese Menschen vergiftet wurden. Das ist für sich unaussprechlich furchtbar. Doch mehr lässt sich daraus leider, nicht ableiten.

Was hat die Menschen vergiftet? War es ein Kampf- oder ein Industriewerkstoff? War es ein Angriff oder ein Unfall, wer hat das Gift freigesetzt? Alle diese Fragen lassen sich nicht vor dem Computerbildschirm beantworten. Auch nicht die Frage, ob Baschar al Assad unglaublich zynisch ist, und zwei Tage nach dem die UN-Waffeninspekteure endlich ihre Mission in Syrien beginnen konnten, seinen Gegnern zeigt: Nichts und niemand kann euch schützen, und erst recht nicht die internationale Gemeinschaft. Oder ob, wie Damaskus und Moskau erklären, es im Gegenzug die Rebellen waren, die die Bevölkerung für überaus grausame Kriegstaktiken missbrauchen.

Wirklich herausfinden, was passiert ist, kann nur eine unabhängige Untersuchung. Dazu sind die UN-Inspekteure im Land. Ihnen jetzt möglichst rasch vollen Zugang in die Region und zu den Menschen vor Ort zu ermöglichen, hätte deshalb jetzt oberste Priorität. Bisher scheint Assad nicht dazu bereit zu sein. Und so lange die fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat so klar unterschiedliche Ansichten vertreten, fehlt den Waffeninspekteuren auch die nötige Rückendeckung, die sie bei den entsprechenden Verhandlungen mit dem Regime brauchen.

Russlands Regierung zu überzeugen, dass trotz ihrer Interessen an dem Fortbestand der Herrschaft von Assad eine voll unterstützte UN-Mission auch in ihrem Sinne ist, wäre hier ein wichtiger Schritt. Zum einen, weil sich ja vielleicht wirklich herausstellt, dass das Regime nicht gelogen hat. Zum anderen aber, weil im schlimmsten Fall sonst die Welt tatenlos zusieht, wie 25 Jahre nach dem Giftgasangriff Saddam Husseins auf das kurdische Halabja der Einsatz von Chemiewaffen ohne Konsequenzen bleibt. Was das für die weltweite Ächtung dieser Waffen bedeuten würde, mag man sich gar nicht vorstellen.

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