zum Hauptinhalt
Nur ein Krisenherd von vielen, mit denen sich die 43. Münchner Sicherheitskonferenz ab Freitag befasst: Malische Soldaten verlassen auf einem umgebauten Pick-up Timbuktu.

© Reuters

Münchner Sicherheitskonferenz: Eine neue Sicherheitspolitik für Europa

Die USA haben deutlich gemacht: Mali ist Sache der Europäer. In Zukunft werden die EU-Länder immer häufiger ohne die Hilfe des großen Bruders Amerika auskommen müssen. Doch Deutschland sträubt sich gegen eine militärische Führungsrolle.

Voller Selbstbewusstsein geht Deutschland in die 49. Sicherheitskonferenz. Die Elite der Außen- und Sicherheitspolitik kommt übers Wochenende nach München, alle wichtigen Nationen sind vertreten, abermals mehr als im Vorjahr. Die Amerikaner könnten auf der ganzen Welt keinen verlässlicheren Partner als die EU finden, hat der Bundesverteidigungsminister gerade noch einmal betont.

Auch „Mr. Reset“, US-Vizepräsident Joe Biden, ist zum Auftakt der neuen Amtszeit der Obama-Regierung dabei – weil Deutschland ganz oben auf der Bedeutungsskala steht, sagt Konferenzchef Ischinger. Das mag stimmen, allerdings dürfte vielen Deutschen gar nicht so lieb sein, was das wohl auch bedeutet: Ihr müsst mehr machen. Die Liste der Kriegsgebiete und Krisenszenarien, über die die Herrschaften im Bayerischen Hof diskutieren, ist lang: noch immer Syrien, weiter Afghanistan und Iran, nun Mali und auch Gefahren auf anderer Ebene, Stichwort Cyber Security...

Vor vier Jahren hat Biden in München die Marschroute der Regierung skizziert, am Samstag steht die euro-atlantische Sicherheit wieder im Fokus. Seit 2009 hat sich die Lage verändert, auch in den USA. Nicht zuletzt wegen der Finanzkrise wollen und können die Amerikaner nicht mehr so viel Geld für die Armee ausgeben, die so oft Feuerwehr war. Zur Energieversorgung soll die Schiefergasförderung von Nahost-Öl unabhängig machen. In Asien will Washington stärker präsent sein, auch, um China nicht zu mächtig werden zu lassen. Die Interessen liegen auch geografisch also anders.

Für Europa heißt das: Rechnet nicht mit Amerika. Kümmert euch allein um eure Nachbarschaft. In Mali wird gerade sehr klar: Das ist die Sache Europas. Die USA haben durch den amerikanischen Nato-Vize schon ausrichten lassen, dass es genau das ist, was man erwartet: Führung durch die EU, Durchführung durch die EU, auch wenn Paris vorgeprescht ist.

Es wartet also Arbeit auf die EU, auch auf Deutschland, nach außen und nach innen. Denn die so verlässlichen Europäer müssen sich neben der Euro-Krise daranmachen zu klären, welche sicherheitspolitischen Ziele sie verfolgen wollen und wie. Dass in München mit Lady Ashton wieder belächelt eine Frau ohne wirkliche Befugnisse für Europa spricht, ist dabei noch das geringste Problem.

Kann nun die Strategie sein, neue Waffen anzuschaffen und andere mit unseren auszurüsten?

Auch Deutschland muss seine Ziele klären. Welche Interessen hat das Land, und wie will es damit umgehen? Im Moment sieht es eher so aus, als stolpere die Republik von einer Situation in die nächste, werde immer wieder überrascht. Nehmen wir Mali: Der Außenminister ruft rasch ein Nein zum Einsatz, der Verteidigungsminister lässt soeben wissen, dass Deutsche schon bald auch beim Betanken von Kampfjets helfen sollen und dafür schon mal ein Bundestagsmandat nötig ist. Scheibchenweise in den Krieg.

Gleichzeitig sind viele Politiker offenbar nicht böse, dass die meisten Deutschen denken, 2014 würden ihre Soldaten Afghanistan verlassen, wie auch die Diskussion um das Mandat am Donnerstag gezeigt hat. Es werden weniger werden (gehen einige dann nach Mali?), aber der Einsatz ist 2014 nicht vorbei. Das sagt auch der Minister, doch wer hört es? Und es geht nicht nur um eine Handvoll Ausbilder.

Kann nun die Strategie sein, neue Waffen anzuschaffen und andere mit unseren auszurüsten? Es klingt gut: Hauptsache nicht das Blut unserer Soldaten. Natürlich muss ein Land seine Leute schützen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob bewaffnete Drohnen zwar Soldaten im Ausland schützen (und weniger nötig wären), ihr Einsatz aber Hass schürt, der durch Attentate andernorts das Blut eigener Zivilisten kosten kann. Die Amerikaner haben damit bereits bittere Erfahrungen. Nicht nur sie wissen auch, was herauskommen kann, wenn man andere mit Waffen ausrüstet. Und dass die Ausbildung anderer dauert. All dies ist eine breite Diskussion wert, unter Sicherheitspolitikern, vor allem aber mit den Bürgern. Das setzt jedoch voraus, dass es ein Konzept gibt. Deutschland will wichtig sein, erwachsen. Die USA trauen das den Deutschen in der EU wohl zu. Aber Deutschland muss es sich auch selbst zutrauen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false