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Nach dem Terror in Bombay: Gesucht: Ein Plan für Pakistan

Das Drama in Bombay ist beendet, aber die politische Krise in Südasien nicht. Der Terror kam aus dem Nachbarland Pakistan – das gefährdet die ganze Region. Ein Kommentar von Christine Möllhoff.

Das Terrordrama in Bombay ist beendet, aber die politische Krise in Südasien nicht. Die Attacke war zuallererst ein Angriff auf Indien und den Frieden in der Region. Das böse Spiel scheint bereits aufzugehen: Zwischen den beiden Atomstaaten Indien und Pakistan kracht es derzeit kräftig.

Indien hat in den vergangenen Monaten gleich eine Serie von Bombenanschlägen erlebt. Auch wenn es Delhi nur ungern einräumt, gingen die meisten auf das Konto von lokalen Muslimen und Hindu-Fanatikern, waren also hausgemacht und zeugten von wachsenden Spannungen im Land.

Doch der dreitägige Terror-Albtraum in Bombay war von einem ganz anderen Kaliber. Dahinter steckten allem Anschein nach professionelle Terrorkommandos, die im Ausland trainiert waren. Auch US-Geheimdienste vermuten die pakistanische Gruppe Lashkar-e- Toiba (LeT) hinter der Tat. Vielleicht gemeinsam mit al Qaida oder Helfershelfern aus der indischen Unterwelt. Die LeT ist aber nicht irgendeine Terrorgruppe: Sie gilt als Hätschelkind von Pakistans mächtigem Geheimdienst ISI und dem Militär. Und dort liegt der wirkliche Sprengsatz. Bereits in den Anschlag auf die indische Botschaft Anfang Juli in Afghanistan, der über 40 Tote forderte, soll der ISI verwickelt gewesen sein. Der Eindruck verstärkt sich, dass Teile von ISI und Militär Amok laufen und die LeT-Kettenhunde losgelassen haben, um den Friedensprozess mit Indien zu torpedieren und die Region zu destabilisieren.

Die Terrorattacke bringt Indiens Regierungschef Manmohan Singh in eine schwierige Lage. Singh weiß, dass er in die Falle der Terroristen tappt, wenn er nun vier Jahre Friedensprozess wegwirft. Aber er kann nach 183 Toten und der Geiselnahme einer ganzen Stadt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, zumal 2009 gewählt wird. Aber auch wenn Indien nun den Ton gegenüber Pakistan verschärfen dürfte, im Prinzip steht Delhi zum Friedensprozess.

Brisanter ist die Lage von Pakistans neuem Präsidenten Asif Ali Zardari. Bereits drei Monate nach Amtsantritt gilt ist er als „Schoßhund der USA“. Er entspannte das gestörte Verhältnis zu Kabul und startete eine regelrechte Charmeoffensive gegenüber Indien. Nebenbei löste er auch noch die politische Abteilung des ISI auf, zumindest auf dem Papier. Zardaris Kurs passt aber Teilen des ISI und Militärs nicht, die ihn offenbar mit Gewalt sabotieren wollen. Dabei handelt es sich nicht nur um islamische Eiferer. Diesen Kräften geht es vielmehr um handfeste Machtinteressen. Der Dauerkonflikt mit Indien legitimiert seit jeher das riesige Militärbudget des Landes – und der anhaltende Kampf gegen die Taliban sichert Pakistan die US-Finanzhilfen.

Nach der Terrorattacke ist die Versuchung groß, Pakistan an den Pranger zu stellen. Aber das löst kein Problem. Der Westen muss sich gewahr sein, dass sich in dem Atomstaat ein innerer Machtkampf verschärft, der den Frieden in der ganzen Region gefährdet. Das bankrotte Land braucht daher mehr als ein paar Milliardenhilfen. Es braucht endlich einen wirtschaftlichen und politischen Marshall-Plan – vor allem für die bitterarmen Nordwestprovinzen, die als Hochburg der Extremisten gelten. Und hier sind allen voran die USA, aber auch die Europäer und China gefordert.

Christine Möllhoff

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