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Die vermeintliche Idylle Europa: Ein Lampedusa-Flüchtling schläft auf dem Boden der St. Pauli-Kirche in Hamburg. 300 Flüchtlinge aus Italien sind im Frühjahr in Hamburg gestrandet. 80 leben noch heute in der Kirche.

© dpa

Nach Flüchtlingsdrama vor Lampedusa: Entwicklungshilfe kürzen, Eigenverantwortung stärken

Die EU-Innenminister können sich nicht zu einer Reform des Asylsystems durchringen. Doch das ist ohnehin zweitrangig. Das Problem muss endlich an der Wurzel angefasst werden, in Afrika. Und zwar von den Afrikanern selbst.

Es sind entsetzliche Bilder, die uns aus Lampedusa erreichen: In langen Reihen liegen dort aufgebahrt die Leichen der bislang rund 250 tot geborgenen Menschen, die bei dem Versuch starben, Bürgerkrieg, Hunger und Elend in ihrer Heimat zu entrinnen. Grundlegende Änderungen in Europas Asylsystem, das zeigte das Treffen der EU-Innenminister am Dienstag, sind nicht abzusehen. Doch ohnehin liegen die eigentlichen Ursachen für die Flüchtlingsströme weniger in einer antiquierten EU-Politik. Lampedusa ist das Symptom einer Krankheit, die in den schlecht regierten Staaten Afrikas und des Nahen Ostens wurzelt.

In den Herkunftsstaaten der Flüchtlinge gibt es oft keine staatlichen Strukturen

Viele der afrikanischen Flüchtlinge kommen aus Somalia, wo es seit über 20 Jahren keine staatlichen Strukturen gibt und aus Eritrea, wo ein Stalinist die Menschen tyrannisiert. Bei fast allen diesen Ländern handelt es sich um gescheiterte Staaten oder repressive Einparteienstaaten, die ihre Bürger systematisch drangsalieren. Die Afrikanische Union tut fast nichts, um den Despoten das Handwerk zu legen. Zuletzt wurde etwa der eklatante Wahlbetrug von Simbabwes Diktator Robert Mugabe ausdrücklich gebilligt.

Dass die Situation im Mittelmeer derart eskalieren konnte, liegt allerdings auch am Rückfall Europas auf sich selbst. Während man in Deutschland im Wahlkampf über Betreuungsgeld und Autobahnmaut schwadronierte, blieb die Welt außen vor. Trotz zehntausender Opfer direkt vor der eigenen Haustür wurde über Syrien praktisch nicht gesprochen. Die wenigsten Deutschen scheinen zu begreifen, wie verzweifelt die Lage auch in Afrika angesichts des Bevölkerungswachstums, der knappen Ressourcen und der Gleichgültigkeit der afrikanischen Eliten ist.

Liberalere Flüchtlingspolitik würde noch mehr Anreize schaffen

Kein Wunder, dass viele Afrikaner ihr Geld zusammenlegen, um zumindest einem Familienmitglied die Flucht ins vermeintlich gelobte Europa zu ermöglichen – in der Hoffnung, später selbst einmal davon zu profitieren. Eine liberalere Flüchtlingspolitik würde daran wenig ändern, sondern womöglich sogar Anreize für mehr Migration schaffen.

Um immer neue Lampedusas zu verhindern, müssten vor allem die Zustände vor Ort viel entschlossener als bislang verändert werden. Von größter Bedeutung wäre es, das extreme Bevölkerungswachstum in Afrika zu stoppen. Niemand kann heute sagen wie der Kontinent mit seinen derzeit fast 1,2 Milliarden Menschen im Jahre 2050 rund doppelt so viele Menschen ernähren will.

Die Eigeninitiative in Afrika muss gestärkt werden

Gleichzeitig gilt es durch gezielte Ausbildungsprogramme und mehr Handel die Eigeninitiative in Afrika zu stärken und dessen fatale Abhängigkeit von der Entwicklungshilfe zu reduzieren, die seine Eliten bequem und korrupt macht und den Kontinent seit Jahrzehnten lähmen. Dazu müssen noch bestehende Handelsbarrieren beseitigt werden. Weit wichtiger wäre, dass Afrikaner endlich miteinander handeln, statt noch immer, wie in Kolonialzeiten, einen einzigen Rohstoff unverarbeitet zu exportieren. Gegenwärtig liegt der Anteil des innerafrikanischen Handels am Gesamtvolumen des Kontinents bei mickrigen zehn Prozent. Erst, wenn Afrika selbst seine Probleme anpackt, wird der Druck auf Europa nachlassen.

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