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Seufz. Plumpe Provokation, eiskalt kalkuliert - und die Rechnung ist aufgegangen: Bushido mit seinem Integrations-Bambi. Den bekam er etwa ein Jahr vor den Liedzeilen, in denen er den Regierenden bedrohte.

© dpa

Nach Skandal-Lied "Stress ohne Grund": Das Ärgernis, über Bushido berichten zu müssen

Stress ohne Grund - von wegen: Bushidos Rechnung ist aufgegangen, sicherlich lacht er sich ins Fäustchen. Dabei sollte er viel lieber seiner Tochter Gutenachtgeschichten vorlesen oder vielleicht auch sein neustes Lied vorträllern.

Jedes Wort dieser Tage, das sich mit Bushido beschäftigt, ist ein Wort zu viel. Stress ohne Grund – von wegen. Doch die hassschürenden, verachtenden Liedzeilen seines neuesten Liedes nicht zu thematisieren, aus nachrichtlicher, aus journalistischer Sicht geht leider nicht. Morddrohungen gegen die Grünen-Politikerin Claudia Roth, schwulenfeindliche Worte gegen Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit - es wird, aller Voraussicht nach, zu Strafanzeigen kommen. Ein Umstand, der es nicht erlaubt, unter den Nachrichtentisch gekehrt zu werden.

Das schlimmste daran: Es ist alles kalkuliert, eingeplant und haarscharf berechnet. Herzlichen Glückwünsch, Herr Ferchichi, Ihre Rechnung ist aufgegangen. Sie lachen sich sicherlich ins Fäustchen, feiern mit Zigarren und vielleicht etwas Schampus. Und über diese Zeilen können Sie sicherlich nur spotten.

Doch es bleiben noch ein paar Fragen offen: Denken Sie bei der Veröffentlichung solcher Texte auch an Ihre Familie? An Ihre kleine Tochter? In welcher Weise sind Sie ihr Vorbild? Wird Sie eines Tages, wenn andere Musik aus den Boxen dröhnt, stolz auf Sie sein? Oder sind Sie dann der peinliche, alte Vater - einst Bushido genannt?

Bushido. Ein Name, der dieser Tage zu oft geschrieben, zu oft gesagt wird. Ein Name, der durch seinen Träger selbst ein Paradoxon in sich birgt. Denn Bushido ist japanisch und wird als „Weg des Kriegers“ übersetzt (soweit lässt sich erahnen, warum Anis Mohamed Youssef Ferchichi sich diesen Künstlernamen wählte.) Heutzutage bezeichnet der Begriff den Verhaltenskodex der Samurai, einen der höchsten Stände, den es in der japanischen Gesellschaft über Jahrhunderte gab. Neben der Kriegskunst erlangten sie auch eine Ausbildung in Kunst, Wissenschaft oder Philosophie.

Und wie sollte es anders sein, wenn es um Ritterschaft geht: Der Kodex beinhaltet sieben Tugenden - Gerechtigkeit, Mut, Güte, Höflichkeit, Wahrheit, Ehre und Pflicht. Und spätestens jetzt kommt Ratlosigkeit auf. Spricht aus jenen Liedzielen Gerechtigkeit? Oder Mut? Vielleicht Güte? Oder gar Höflichkeit? Sollten die Zeilen etwa Wahrheit transportieren? Oder Ehre? Und in wessen Pflicht stehst du, Krieger ohne Weg? Oder hast du dich nur verlaufen?

Vielleicht müssen wir Journalisten über Ihre Eskapaden berichten. Mag sein. Vielleicht lassen sich einige auch auf Ihre Ebene herab und beschimpfen Sie. Auch dazu wird sich immer jemand hinreißen lassen. Doch eines ist gewiss: Die Nachrichtenwelt ist noch härter als jede Ihrer einzelnen Liedzeilen. In den Nachrichtenagenturen finden sich jeden Tag Bilder von Toten, sei es in Syrien oder Ägypten. Es gibt Proteste in der Türkei oder Brasilien, an denen sich tausende Menschen beteiligen. Große Naturkatastrophen wie der Monsunregen in China und Indien erschüttern die Welt. Und so wird, in nicht allzu weiter Ferne, kein Platz mehr dafür sein, über Sie zu berichten.

Dann sind die Journalisten dieses Landes glücklich und dann können Sie, lieber Gangster-Rapper, Ihrer Tochter wieder Gutenachtgeschichten vorlesen. Oder Sie trällern ihr einfach mal Stress ohne Grund vor. Oder steht das zuhause vielleicht auf dem Index?

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