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Erbengeneration: In Deutschland werden pro Jahr rund 250 Milliarden Euro vererbt, schätzt die Postbank.

© dpa

Nach Urteil des Verfassungsgerichts: Die Mini-Reform der Erbschaftssteuer

Die Erbschaftssteuer ist ungerecht. Nach dem Verfassungsgerichtsurteil vielleicht aber künftig ein bisschen weniger. Ein Kommentar.

Nein, den ganz großen Wurf bewirkt er nicht, der Beschluss des Verfassungsgerichts in Sachen Erbschaftsteuer. Eine kleine Reform, mehr verlangen die Karlsruher Richter nicht. Dabei hätte es gute Gründe gegeben, grundsätzlich über die Verteilung von Vermögen in Deutschland und die Übergabe von Hab und Gut an die nächste Generation nachzudenken.

Auf über 250 Milliarden Euro schätzt die Postbank das Vermögen, das allein im vergangenen Jahr in Deutschland vererbt worden ist, Tendenz steigend. Geld, Immobilien, Aktien – der einmal aufgehäufte Wohlstand wird innerhalb der Familie weitergegeben, der Staat geht wegen der hohen Freibeträge und der oft niedrigen Steuersätze, die zumindest im engsten Familienkreis Erben privilegieren, leer aus. Verteilungspolitisch ist das problematisch: Wohlhabende Familien bleiben wohlhabend, arme Familien kommen auf keinen grünen Zweig. Erwerbsarbeit wird in Deutschland höher besteuert als die Erträge aus Kapitalvermögen oder der Vermögenszuwachs aus Erbschaften und Schenkungen – zumindest wenn enge Verwandte bedacht werden. Die Erbschaft- und Schenkungsteuer zementiert so die Ungleichheit in Deutschland.

Hinzu kommt: Auch in sich ist die Steuer ungerecht. Kinder und Ehegatten haben hohe Freibeträge und niedrige Steuersätze, Geschwister oder Neffen können dagegen gerade einmal 20 000 Euro steuerfrei kassieren. Gleiches gilt für unverheiratete Lebenspartner, die zusätzlich auch noch höhere Steuersätze haben. An der Lebenswirklichkeit, in der immer mehr Menschen ohne Trauschein zusammenleben, gehen solche Regeln vorbei.

Firmenerben können sich nicht mehr vor der Steuerpflicht drücken

Zumindest mit einer Ungerechtigkeit hat das Bundesverfassungsgericht jetzt aber Schluss gemacht. Firmenerben können sich künftig nicht mehr ohne Weiteres um die Steuerpflicht herummogeln. Bisher ist das nämlich ein Kinderspiel. Weil man die Firmen und die Arbeitsplätze nicht gefährden will, genießen Unternehmenserben erhebliche Privilegien. Viele zahlen gar keine Steuer und müssen dabei noch nicht einmal nachweisen, dass sie wirklich Arbeitsplätze erhalten haben. Und selbst Milliardäre wie die Quandts, Albrechts oder andere reiche Unternehmerfamilien können Unternehmen oder Teile daran vererben, ohne dass der Staat von diesen Deals profitiert. Einzusehen ist das nicht.

Dass die Verfassungsrichter das nicht mitmachen, ist richtig, eine Korrektur überfällig. Richtig ist aber auch, dass das Gericht die bestehende Steuerverschonung nicht in Bausch und Bogen abgelehnt hat. Die Privilegien sollen künftig aber nur noch die Firmenerben erhalten, die sie brauchen und verdienen. Zu Recht: Es nutzt niemandem etwas, wenn Familienunternehmen in die Knie gehen, weil die Erben an der Steuerschuld ersticken. Eine Regelung mit Augenmaß, zielgenaue Reformen, die die Großverdiener der Wirtschaft belasten und die Kleinen verschonen, sind ein guter Kurs.

An dem Grundproblem, den vielen sonstigen Ungerechtigkeiten, ändert das aber nichts. Eine große Reform ist nicht in Sicht. Allerdings sollte man eines nicht vergessen: Für das Vererbte oder Verschenkte sind irgendwann einmal schon vorher Steuern geflossen – Einkommen-, Abgeltung- oder Grunderwerbsteuer. Das zumindest ist ein kleiner Trost.

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