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Nahost: Bibi Netanjahu muss warten

Welcher Weg führt zum Frieden? Zwischen den USA und Israel bahnt sich Streit an.

Schimon Peres, die Taube, wurde gerade im Weißen Haus empfangen. Bibi Netanjahu, der Falke, muss sich gedulden mit seinem Antrittsbesuch bei Barack Obama. Auch die Abfolge solcher Besuche sagt etwas über die Prioritäten und die Gunst des US-Präsidenten. Die harmlose Erklärung, Peres sei halt schon zwei Jahre Israels Präsident und Netanjahu erst am 31. März zum Regierungschef gewählt worden, reicht nicht aus, zumal viele spotten, es geschehe dem Bibi ganz recht, dass er warten müsse.

Obama möchte die Friedensgespräche rasch fortsetzen und ist, wie Peres, erklärter Befürworter einer Zwei-Staaten-Lösung. Netanjahu weigert sich bisher, die Gründung eines palästinensischen Staates zu unterstützen, er will den Friedensprozess verzögern.

Es ist eine neue Erfahrung für Netanjahu, dass er bei Terminwünschen in den USA hingehalten wird. Er ist besser vernetzt in Amerikas Politik und Medien als andere Führer Israels. Natürlich tut er jetzt so, als sei es sein Wunsch, erst am 17. Mai im Weißen Haus zu erscheinen. Er müsse, wie er sagt, zuvor den außenpolitischen Kurs mit seinen Koalitionspartnern absprechen. Das mag glauben, wer will. Jedenfalls hindert es seinen rechtslastigen Außenminister Avigdor Lieberman nicht, bereits heute in Berlin aufzutreten.

Im Kern des Konflikts zwischen Obama und Netanjahu geht es ebenfalls um zeitliche und inhaltliche Abfolgen: Was soll Priorität haben – der Atomstreit mit dem Iran oder der Nahostfrieden? Die Bedrohung durch Teheran nennt Netanjahu als Grund, warum er keine weiteren Risiken für Israels Sicherheit eingehen könne, ob gegenüber der Fatah im Westjordanland, der Hamas in Gaza oder durch Rückgabe des Golan an Syrien. Obama will die Iranfrage jedoch nicht als Ausrede für Untätigkeit an all den anderen diplomatischen Fronten hinnehmen.

Netanjahu und Lieberman wissen, dass sie den Blockadekurs nicht durchhalten können. Aber sie wollen sich jedes Entgegenkommen mit Zugeständnissen auf anderem Gebiet bezahlen lassen, selbst das international etablierte und eigentlich selbstverständliche Bekenntnis zum Ziel eines Palästinenserstaats. Da liegt es nahe, Netanjahu hinzuhalten, um dieses freche Ansinnen ins Leere laufen zu lassen. Doch ist das eine kluge Taktik? Selbst Europäer, die Netanjahus Politik ablehnen, raten ab. Im Nahen Osten werde alles nur schlimmer, wenn die Gespräche nicht bald in Gang kommen.

Den nötigen Druck können, falls überhaupt, nur die USA ausüben. Europa und generell das Nahostquartett haben zu wenig Einfluss auf Israel und die arabischen Staaten. Eine politische Belohnung in Form zählbarer Fortschritte darf Obama freilich nicht erwarten. Selbst ein gesprächswilliges Israel hat im Moment keinen palästinensischen Partner, der Absprachen bei Fatah und Hamas verlässlich umsetzen kann. Im Fernsehzeitalter bleibt da noch ein Ausweg: Reisen und Reden. Bilder von Obama im Nahen Osten oder im Gespräch mit dessen Führern sind freilich ein schwacher Trost, wenn der Frieden auf sich warten lässt.

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