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Nahost: Der Frieden kommt erst noch

Die neue US-Außenministerin Hillary Clinton setzt die erste Duftmarke in der Weltpolitik. Ihre Reise in den Nahen Osten ist aber nicht mehr als eine Goodwill-Tour.

Hillary Clintons erste Reise in den Nahen Osten weckt große Hoffnungen. Präsident Obama hat versprochen, den Frieden zwischen Israelis und Palästinensern zu einer Priorität zu machen und nicht wie Vorgänger Bush bis zum Ende der Amtszeit zu warten. Außenministerin Clinton beginnt energisch und drängt zum Beispiel Israel, mehr Hilfe nach Gaza zu lassen.

Sie kann wichtige Erfahrung aus der Regierungszeit ihres Mannes Bill nutzen. Unter ihm vereinbarten PLO-Chef Arafat und Israels Premier Rabin 1993 den Oslo-Prozess mit der Selbstverwaltung der Palästinenser als Übergang zur Zweistaatenlösung. Er steuerte die Gespräche durch eine Zeit der Rückschläge, als der friedensunwillige Benjamin Netanjahu schon einmal Regierungschef war, und brachte die Konfliktparteien 2000 in Camp David so nah wie nie zuvor an einen umfassenden Friedensvertrag. Es klingt wie eine Vorlage für die aktuelle Lage, da Netanjahu wohl erneut regieren wird.

Clinton hat finanzielle Hilfe im Gepäck, die die Zusagen der EU übersteigen: 300 Millionen Dollar für Gaza plus 600 Millionen Dollar Budgethilfe für die Autonomiebehörde. Gegenüber der Hamas verfolgen Obama und Clinton eine weichere Linie als Bush. Auch sie lehnen zwar Kontakte ab, solange die Hamas Israels Existenzrecht bestreitet. Aber sie ermuntern die Fatah und die Hamas, eine gemeinsame Regierung zu bilden.

Bekommt der Frieden eine neue Chance, weil die neue US-Regierung Israel zu den nötigen Zugeständnissen drängt und die zerstrittenen Palästinenser eint?

Hoffnungen, die so weit reichen, können nur enttäuscht werden. Der Einfluss selbst einer Supermacht wie Amerika ist begrenzt. Er könnte reichen, um einer israelischen und palästinensischen Führung, die beide friedenswillig sind, über die letzten Stolpersteine zu helfen. Aber die USA können keinen Kompromiss erzwingen, zu dem die Betroffenen nicht bereit sind. Israels Netanjahu will nicht, die Palästinenser wollen und können nicht, weil sie gespalten sind.

Hillary Clintons Reise ist eine Goodwill-Tour. Sie hat verstanden, dass sie auf glaubwürdige Weise guten Willen zeigen muss, um Amerikas Ansehensverlust und die wachsende Gewaltbereitschaft in der islamischen Welt zu stoppen. Zynische Köpfe könnten einwenden, es sei Zeitverschwendung, so viel Energien jetzt auf den Nahen Osten zu richten, wenn realistischerweise keine rasche Besserung zu erwarten ist – zumal andere Weltgegenden Amerikas Zuwendung ebenso dringend benötigen, mit größeren Erfolgsaussichten, von Darfur bis Nordkorea.

Doch der Preis einer so nüchternen, auf die Effizienzbilanz ausgerichteten Nahostpolitik wäre zu hoch. Clinton muss sich auf so banale Ziele verlegen, wie mehr Nahrungsmittel nach Gaza durchzulassen, weil substanzielle Fortschritte nicht zu erwarten sind. Es ist eine Investition in die Hoffnung auf bessere Zeiten, nach Netanjahu und nach der palästinensischen Spaltung. Würde sie selbst darauf verzichten, wäre dem Nahen Osten noch weniger gedient.

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