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Nahost: Kein Zurück für keinen

Wie US-Präsident Barack Obama trotz Israels neuen Regierungschefs Benjamin Netanjahu und der Hamas die Friedenschancen erhalten möchte.

Politiker dürfen manchmal keine Realisten sein. Denn dann könnten sie nur noch einpacken. Wie will, zum Beispiel, Barack Obama, den Glauben an sein Versprechen wachhalten, den Frieden im Nahen Osten voranzubringen? Er steht vor einem Scherbenhaufen und soll mit den Leuten Aufbauarbeit betreiben, die sich bisher als die Elefanten im Porzellanladen betätigt haben. In Israel wird Benjamin Netanjahu regieren, in Palästina gilt die Aufnahme der Hamas in eine Einheitsregierung mit der Fatah noch als beste Option, um überhaupt wieder eine handlungsfähige Führung zu erreichen.

„Es ist nicht einfacher geworden“, sagte Obama in seiner jüngsten Pressekonferenz, als die 13. und letzte Frage den Friedenschancen im Nahen Osten galt. Der Satz war womöglich die Untertreibung des Jahres. Obama-typisch folgte aufbauendes Pathos. Auch der Nordirlandkonflikt habe als unlösbar gegolten; heute herrsche Frieden. Da durfte der Name George Mitchell nicht fehlen. Der Amerikaner arabisch-irischer Abstammung spielte eine Schlüsselrolle bei der Befriedung Nordirlands und ist nun Obamas Nahostbeauftragter. Auch ein praktischer Hinweis kam: „I am a big believer in persistence“, er glaube an die Kraft der Beharrlichkeit, der Ausdauer.

Und doch wirkt die Lage fast aussichtslos, verglichen mit der 2000 in Camp David, als Bill Clintons Initiative scheiterte. Damals hatten Israel und Palästina friedenswillige Führer, beide konnten sich auf Mehrheiten daheim stützen. Es genügte dennoch nicht.

Wo kann Obama ansetzen? Er muss das Erreichte retten und Bewegung in die Fronten bringen, um neue Optionen zu eröffnen. Es werden nicht die Radikallösungen sein, von denen Idealisten und Vereinfacher gewöhnlich schwärmen. Er wird nicht die Finanzhilfe an Israel einstellen, um Druck auszuüben – genauso wenig, wie die EU ihre Finanzhilfe für Palästinas Führung aufgibt, wenn die ihre Vertragspflichten nicht einhält. Er wird die Hamas auch nicht als Partner anerkennen, bevor die nicht Israels Existenzrecht bekräftigt.

Solche einseitigen Politikwechsel würden mehr schaden als nützen. Das Mittel des Drucks auf Israel muss er aufbewahren für den Moment, wenn Fortschritt möglich ist. Jetzt, da Palästina gespalten, also handlungsunfähig ist, bringt es wenig, Israel zu triezen. Die Isolationspolitik gegen Hamas ist nicht gescheitert, wie manche gerne behaupten. Sie hat die Hamas noch nicht zum Einlenken gebracht. Aber sie bewirkt, dass die festgeklopften Prinzipien weiter gelten. Das betrifft die Extremisten auf beiden Seiten. Nur weil die Hamas nicht an den Verhandlungstisch darf, ehe sie Israels Existenzrecht und bestehende Verträge akzeptiert, werden umgekehrt auch Netanjahu und sein araberfressender Außenminister in spe, Avigdor Lieberman, mit dem Versuch scheitern, die Zwei-Staaten-Lösung auszuhebeln. Kein Zurück für niemanden! Da ist Beharrlichkeit richtig. Wie soll es je Frieden geben, wenn diese Minimalvoraussetzungen preisgegeben würden?

Bewegung ist freilich auch nötig, um die Friedensgegner aus ihren Verteidigungsgräben zu scheuchen. Direkte Gespräche der USA mit Syrien können die Lage erheblich verändern und sowohl Netanjahu als auch die Hamas zwingen, zu reagieren. Manchmal führen Umwege schneller zum Ziel als der direkte Weg.

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