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Nahost: Sie zerstören sich

Die Palästinenser verlieren das Hauptelement ihrer Zusammengehörigkeit – die Hoffnung.

Mit den Palästinensern ist kein Staat mehr zu machen – und auch kein Frieden. Sie sind, wie der mörderische Bruder- oder Bürgerkrieg im Gazastreifen beweist, nicht einmal mehr fähig, miteinander zivilisiert umzugehen.

Entführungen, Folterungen, Fensterstürze aus Hochhäusern, regelrechte Hinrichtungen von politischen Gegnern, aber auch Ermordungen von Frauen und Kindern Andersdenkender, die Verwandlung von Krankenhäusern in Schlachtfelder, die mit Waffengewalt verhinderte Abhaltung von Schulabschlussexamen: Wahrlich, Palästina geht im Gazastreifen in einem Meer von Blut unter.

Die Hamas-Islamisten wollen sich, mit voller Unterstützung des Iran, den Gazastreifen unter den Nagel reißen, ihn politisch und ideologisch beherrschen und zur militärischen Basis ausbauen für den Kampf gegen Israel. Aber sie kämpfen auch um die Macht in den gesamten palästinensischen Gebieten, inklusive des Westjordanlandes. Die Fatah wiederum wehrt sich in hoffnungsloser Position. Sie versucht, die Reste ihrer Herrschaft im Gazastreifen zu erhalten, wohl wissend, dass die totale Niederlage dort auf das Westjordanland ausstrahlen dürfte.

Es bleibt in dieser Situation nur einigen weltfremden Europäern überlassen, Israel die Schuld für den Tod in Gaza zuzuschieben. Keiner der Beteiligten – weder die Bewaffneten selbst noch die verängstigte Bevölkerung oder deren politische Führung noch die frustrierten ägyptischen Vermittler – sehen in der ehemaligen Besatzungsmacht die Mitverantwortlichen für den gegenwärtigen Wahnsinn in den Straßen von Gaza.

PLO-Chefvermittler Sajeb Erakat musste erneut ein Gipfeltreffen zwischen Ehud Olmert und Mahmud Abbas absagen. Solche Gespräche, die letztlich vertrauensbildend wirken sollen, sind auf absehbare Zeit unmöglich. Gar politische Verhandlungen zu führen, scheint auch längerfristig unsinnig. Mit wem und über was soll der israelische Ministerpräsident auf Abruf verhandeln? Mit Abbas und dessen Fatah, die politisch und – wie jetzt im Gazastreifen bewiesen wird – auch militärisch zu schwach sind, um zu verhandeln? Mit Ismail Hanija und der Hamas, die nicht verhandeln wollen, sondern die Vernichtung der säkularen Fatah als Etappenziel anvisiert haben auf dem Weg zum Endsieg über den „zionistischen Feind“, in Richtung auf die „Befreiung ganz Palästinas“ und die Schaffung einer islamistischen Diktatur iranischer Prägung? Kein Partner, kein Friede.

Die Palästinenser – vom viel kritisierten Jassir Arafat immerhin zu einem Volk geformt und in Richtung auf einen eigenen Staat in Bewegung gesetzt, zwischenzeitlich durch Korruption und ministerielles Unvermögen zum Stillstand gekommen – zerstören im Gazastreifen gerade bewusst das wichtigste Element ihrer Zusammengehörigkeit: die Hoffnung. Die Hoffnung auf einen eigenen Staat, auf Sicherheit und auf Frieden.

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