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Meinung: „Nicht alle Flamen sind fremdenfeindlich“

Wouter Van Bellingen ist ein eher unscheinbarer Typ: mittelgroß, nicht zu kräftig, Jeans, dunkelblauer Pullover, Brille. Nur: Wouter Van Bellingen ist schwarz, und das ist – zumindest in der kleinen belgischen Stadt Sint Niklaas – ein Problem.

Wouter Van Bellingen ist ein eher unscheinbarer Typ: mittelgroß, nicht zu kräftig, Jeans, dunkelblauer Pullover, Brille. Nur: Wouter Van Bellingen ist schwarz, und das ist – zumindest in der kleinen belgischen Stadt Sint Niklaas – ein Problem. „Wenn ich den Zug nehme, dann werde ich schon manchmal komisch angeschaut oder beschimpft“, sagt Van Bellingen. „Das größte Problem ist die Angst vor dem Unbekannten“, meint der 34-Jährige, der gerade dabei ist, zum bekanntesten Stadtdezernenten von Belgien zu werden.

Der Grund ist einmal mehr seine Hautfarbe. Denn genau deswegen haben in den vergangenen Wochen drei Paare abgelehnt, sich von ihm trauen zu lassen. „Ein Paar hat der Verwaltung ganz klar erklärt, dass sie keinen Schwarzen wollen. Zwei andere haben die Hochzeit abgesagt, als sie erfahren haben, dass ich sie trauen würde“, erzählt Van Bellingen.

Er sagt das ohne Aufregung in der Stimme, ohne Wut oder Aggression. Das liegt vermutlich auch daran, dass er am Mittwoch mit einer Megahochzeit für diese rassistischen Reaktionen entschädigt wurde. Die Stadt Sint-Niklaas, die zurzeit von einer linken Koalition regiert wird, beschloss nämlich kurzerhand, eine symbolische Massenhochzeit mit über 700 Paaren zu organisieren – um ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. „Wir wollten zeigen, dass nicht alle Flamen fremdenfeindlich sind“, sagt Van Bellingen, der selbst für die linke Spirit-Partei im Stadtrat sitzt. Immerhin kam der rechtsextreme Vlaams Belang in Sint-Niklaas bei den Kommunalwahlen im Oktober vergangenen Jahres auf knapp ein Viertel der Stimmen und die Partei von Populist Filip Dewinter fordert unter anderem einen sofortigen Einwanderungsstopp für alle nichtwestlichen Immigranten.

Van Bellingen selbst gehört übrigens nicht dazu – er ist Flame. Zwar kommen seine leiblichen Eltern aus Ruanda, er wurde aber schon als Baby von einer flämischen Familie adoptiert. Seine Mutter, Simmone Maes, hat kein Problem mit unterschiedlicher Hautfarbe: „Keines meiner vier Kinder hat die gleiche Hautfarbe – das hat mich nie gekümmert“, sagt die 69-Jährige und legt Wouter ihre Hand auf die Schultern.

Van Bellingen ist zuversichtlich, dass sich die Aufregung bald wieder legen wird. Ob er politische Karriere machen will? Van Bellingen lacht. „Der nächste Premierminister von Belgien? – Warum eigentlich nicht!“

Ruth Reichstein

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